Gesundheit - München:40 Milliarden: Bayern pumpt Corona-Hilfen auf

Bayern
Ministerpräsident Markus Söder. Foto: Peter Kneffel/dpa (Foto: dpa)

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München (dpa/lby) - Zum Schutz der heimischen Wirtschaft gegen die unkalkulierbaren Folgen der Corona-Krise spannt der Freistaat Bayern den größten Schutzschirm in seiner Geschichte auf. In Summe werde die Staatsregierung ein 40 Milliarden Euro schweres Hilfspaket auf den Weg bringen, sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in München. Bisher sah das bayerische Konzept bis zu zehn Milliarden Euro und eine Tilgung ab 2024 vor.

"Wir tun alles, um Arbeitsplätze und Wohlstand in Bayern zu schützen", betonte Söder. "Wir machen uns riesige Sorgen um die wirtschaftlichen Herausforderungen. Viele sind sich nicht bewusst, welche Herausforderungen es geben wird."

Das vom Ministerrat auf den Weg gebrachte Paket besteht den Angaben zufolge aus drei Säulen: Zum einen sollen - hier muss der Landtag zustimmen - zehn Milliarden Euro mehr in den Haushalt gepumpt werden, das Geld soll wie das erste Hilfspaket für Soforthilfen und Bürgschaften genutzt werden. Erst in der vergangenen Woche hatte der Landtag einen zehn Milliarden Euro Schutzschirm beschlossen.

Hinzu kommt ein neuer Bayernfonds in Höhe von 20 Milliarden Euro. Damit will sich der Freistaat bei Bedarf vorübergehend an Unternehmen beteiligen, "um Know-how und Arbeitsplätze in Bayern zu halten", wie die Staatskanzlei mitteilte. "Es deutet sich schon an, dass andere Nationen, die die Krise schneller überstehen auf Shoppingtour gehen wollen", sagte Söder. Es müsse daher verhindert werden, dass "Bayern ein Übernahmekandidat wird".

Relevant ist der Fonds insbesondere für Unternehmen mittlerer Größe, die nicht vom Fonds des Bundes erfasst werden. Das Vermögen des Fonds wird eine Finanzagentur verwalten, die Beteiligungen werden von der Bayerischen Beteiligungsgesellschaft oder der LfA Förderbank gemanagt. Zur Umsetzung braucht es aber ein entsprechendes Gesetz und die Zustimmung der Europäischen Kommission.

Die dritte Säule sieht schnelle Kreditbürgschaften des Freistaates für Unternehmen bei Liquiditätsproblemen vor. Sollten funktionierende Unternehmen wegen der Krise keine Kredite bekommen, stünde der Staat als Sicherheitsgeber bereit. Dafür wird Bayerns Bürgschaftsrahmen auf 40 Milliarden Euro verzehnfacht. Auf diese Weise könne der aktive Schutzschirm der LfA Förderbank Bayern weiter erhöht werden.

"Wir wollen schnell und wirksam helfen", sagte Finanzminister Albert Füracker (CSU). Derzeit sei Krisenbewältigung gefragt und nicht die Frage, wo noch Euros gespart werden könnten. "Es geht darum, dass die Menschen ihre Arbeit behalten können, die Unternehmen funktionieren und nach der Krise wieder schnell in den Tritt kommen."

Um die Kreditgelder sofort bereitstellen zu können, wurde das Neuverschuldungsverbot für zunächst ein Jahr bereits außer Kraft gesetzt. Diese Ausnahmeregelung für die Schuldenbremse ist etwa für Naturkatastrophen oder zur Bekämpfung von schwerwiegenden Situationen wie die Corona-Krise in der Verfassung ausdrücklich vorgesehen.

Laut Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hat der Erhalt der Liquidität von Unternehmen und auch von Kulturschaffenden oberste Priorität. Um Unternehmen hier mehr Spielräume zu geben, sind auch Steuerstundungen möglich. "Es gibt keine Prognose, wie das ausgeht", sagte Söder. Er sei sich aber sicher, dass Bayern die Krise überstehen werde. "Es gibt auch irgendwann einen Impfstoff, um irgendwann auch wieder durchstarten zu können."

Die bereits angelaufene bayerische Corona-Soforthilfe stößt den Angaben zufolge auf "riesige Nachfrage im Mittelstand". Seit Donnerstag wurden von kleinen und mittleren Unternehmen rund 140.000 Förderanträge gestellt. Das Antragsvolumen beläuft sich mittlerweile auf rund eine Milliarde Euro. Die ersten Überweisungen seien bereits auf den Konten der Unternehmen eingegangen.

Nach Angaben von Aiwanger könnten wegen der Corona-Krise schon bald fast ein knappes Viertel aller Arbeitnehmer in Bayern von Kurzarbeit betroffen sein - eine in den vergangenen Jahrzehnten nie da gewesene Zahl. Der Freie Wähler-Chef begrüßte deshalb die Entscheidung des Bundes, Kurzarbeitern zusätzliche Jobs zur Aufbesserung ihres Einkommens zu erlauben. "Wir halten es für sinnvoll, weil eben ein Wirtschaftseinbruch im zweistelligen Prozentbereich im Raum steht, weil wir zeitnah 1,8 Millionen Kurzarbeiter in Bayern befürchten".

In Bayern waren laut Statistischem Landesamt Ende 2019 gut 7,7 Millionen Menschen erwerbstätig. Wenn ein Betrieb in Kurzarbeit geht können die Mitarbeiter zumindest vorübergehend nicht mehr regulär arbeiten und müssen daher auch Gehaltseinbußen hinnehmen.

Der Großteil der Anträge soll in einer Woche abgearbeitet sein. "Mein Ziel ist, dass wir in acht Tagen die Leute, die bis jetzt einen Antrag gestellt haben, überwiegend bedient haben", sagte Aiwanger. Es geht darum, die Betriebe zu retten und nicht an Liquiditätsengpässen verhungern zu lassen. "Daran werden wir gemessen, ob wir in vier Wochen die Strukturen noch überlebensfähig haben oder eben nicht."

Am Montag hatte die Bundesregierung ein ähnliches Hilfsprogramm aufgelegt: Betriebe mit bis zu fünf Beschäftigten, die durch die Corona-Krise in Existenznot geraten, können einmalig bis zu 9000 Euro erhalten. Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten bis zu 15.000 Euro.

Söder kündigte an, die Hilfsmaßnahmen schnell "verzahnen" zu wollen. Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern sollen künftig die höheren Fördersätze des Bundesprogramms zugute kommen. Wer bayerische Soforthilfen bereits beantragt habe, werde aufgestockt. Derzeit werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Modalitäten mit dem Bund abzustimmen. Unternehmen ab 11 bis 250 Beschäftigten sind im bundesweiten Programm nicht berücksichtigt. Ihnen steht weiterhin die bayerische Soforthilfe mit bis zu 30.000 Euro zur Verfügung.

In ganz Deutschland werden wegen der Corona-Krise eine schwere Rezession und in der Folge auch einbrechende Steuereinnahmen erwartet. Wie hoch die Steuerverluste am Ende sein werden, könne niemand seriös sagen, betonte Füracker. Er verwies aber auf eine Schätzung des Bundes mit einem Minus von zehn Prozent - dies würde für Bayern Mindereinnahmen von fünf Milliarden Euro bedeuten.

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