Paris (dpa) - In Frankreich wollen sich Berichten zufolge Menschen absichtlich mit dem Coronavirus infizieren, um als Genesene einer Impfung zu entgehen.
„Im schlimmsten Fall fesselt mich das ein paar Tage ans Bett, im besten Fall habe ich gar keine Symptome“, zitierte der Nachrichtensender Franceinfo am Mittwoch eine 20-Jährige.
Ein 25-Jähriger sagte der Zeitung „Le Figaro“, er trage seine Maske nicht mehr und wasche sich weniger die Hände, um sich anzustecken und so an den „pass sanitaire“ zu gelangen. Dieser in Frankreich umstrittene Nachweis über Impfung, negativen Test oder überstandene Infektion soll ab Montag etwa für Restaurantbesuche oder Fernreisen im Zug verpflichtend sein. Er wolle nicht wochenlang auf die beiden Impfungen warten, sagte der junge Mann der Zeitung.
Eine 20 Jahre alte Studentin sagte dem Bericht zufolge: „Ganz ehrlich, wenn eine Freundin mir sagt, dass sie Covid hat (...), würde ich vielleicht zu ihr gehen, damit sie mich anhustet.“ Eine andere junge Frau will sich laut „Le Figaro“ zwar nicht unbedingt anstecken. Sie ziehe aber die Krankheit der Impfung vor - und wolle lieber, dass ihr Immunsystem lerne, „die Krankheit natürlich zu besiegen“.
In den sozialen Netzwerken machen ähnliche Aussagen die Runde. Ein User schreibt etwa auf Twitter: „Ich hätte lieber einmal Covid, als mich bis zu meinem Lebensende alle drei Monate impfen lassen zu müssen.“ Eine andere Userin schreibt, ihr Mann sei wegen Covid-19 in Quarantäne gegangen. „Ich habe alles versucht, um es auch zu bekommen. Unmöglich.“
Experten geißeln diese Einstellung. Er befürchte einen regelrechten Trend, sagte der Epidemiologe Philippe Amouyel dem Sender LCI. „Das Spiel des Virus“ zu spielen, sei ein „totaler Fehler“. Junge Menschen fühlten sich sicher, doch zuletzt sei der Altersschnitt der an Covid erkrankten Intensivpatienten gesunken. Und selbst wenn die Infektion zunächst asymptomatisch verlaufe, sei das Risiko von Spätfolgen nicht zu vernachlässigen, sagte Amouyel.
Impfpflicht für Gesundheitspersonal
Der französische Verfassungsrat hat derweil grünes Licht für eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal und die Ausweitung der Nachweispflicht gegeben. Ein entsprechendes Gesetz bestätigte das Gericht in großen Teilen, wie es am Donnerstag mitteilte. Damit steht den strengeren Hygienevorschriften im Großen und Ganzen nichts mehr im Weg. Die Regierung will, dass sie schon ab nächster Woche gelten.
Kritik gab es vom Verfassungsrat aber an einigen Details, etwa einer geplanten Quarantänepflicht von zehn Tagen für positiv Getestete. Dies sei weder notwendig noch verhältnismäßig, urteilte die Instanz. Auch bestimmte berufliche Konsequenzen für Menschen, die etwa in Restaurants oder Museen arbeiten, ließ das Gericht durchfallen. Konkret geht es um Menschen, die an einem Ort arbeiten, an dem künftig ein Nachweis notwendig ist. Auch sie müssen diesen dann erbringen. Tun sie das nicht, kann das Konsequenzen haben. Dem Verfassungsrat zufolge dürfen befristete Verträge bei fehlendem Nachweis aber nicht vorzeitig beendet werden.
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