Gesundheit - Mainz:Experte warnt vor Lockerungen - aber mehr Klagen befürchtet

Corona
Auf einer Richterbank liegt ein Richterhammer. Foto: Uli Deck/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Mainz/Saarbrücken (dpa/lrs) - Vor einer Lockerung der Corona-Maßnahmen ab einer Inzidenz von 50 hat der Saarbrücker Pharmazie-Professor Thorsten Lehr gewarnt. Dieser Wert werde seinen Berechnungen nach voraussichtlich bundesweit um den 18. Februar erreicht, sagte der Experte für Corona-Prognosen der Deutschen Presse-Agentur in Saarbrücken. Doch er sei noch "viel zu hoch", um Infektionsketten nachzuverfolgen. Hinzu komme noch die Unwägbarkeit über die Ausbreitung der hochansteckenden Mutanten. "Unsere magische Grenze liegt eher bei 20. Auch wenn das keiner hören will."

Der Mainzer Verwaltungsrechtler Friedhelm Hufen rechnet angesichts sinkender Inzidenzwerte jedoch mit einer erneuten Klagewelle vor den Verwaltungsgerichten. Zudem könnten die Klagen erfolgreicher sein als noch vor einigen Monaten, sagte Hufen der Deutschen Presse-Agentur. "Je weiter die Inzidenzwerte sinken, desto mehr wird sich die Frage der Erforderlichkeit von Gegenmaßnahmen neu stellen", erläuterte der Professor. Dann sei es auch nicht weiter angebracht, die Maßnahmen beizubehalten, um keine bösen Überraschungen mehr zu erleben. Weitere Einschränkungen müssten sehr gut begründet werden.

In Rheinland-Pfalz lag die landesweite Inzidenz am Sonntag etwas über 60. Im Saarland jedoch bei 115,5.

Lehr sagte, wenn der aktuelle Lockdown-Zustand fortgesetzt werde, sei Mitte März mit 20 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche zu rechnen. Dabei stützt sich Lehr auf die Analyse des "Covid-Simulators" an der Universität des Saarlandes. Eine Inzidenz von 10 würde Mitte April erreicht. Bisher ist der Lockdown bis zum 14. Februar beschlossen.

Gegen eine Öffnung bei 50 spreche auch, dass es in Deutschland verschiedene Entwicklungen gebe, sagte Lehr. "Wir sehen Bundesländer, bei denen läuft es richtig gut. Das sind vor allem die ostdeutschen Bundesländer, dort sind die R-Werte deutlich niedriger als der Bundesdurchschnitt." Und dann gebe es noch "zwei Sorgenkinder": Saarland und Bremen. "Die sind 1 und leicht darüber. Da bewegt sich gerade nichts."

Lehr betonte, dass im ersten Lockdown 2020 die Sieben-Tage-Inzidenz nie die Schwelle von 50 überschritten hatte. Im Simulator sehe man, dass das Infektionsgeschehen "richtig dynamisch" geworden sei, nachdem Ende September die Grenze von 20 durchbrochen worden sei. Er ging davon aus, dass die Mutationen bald "mit einer deutlicheren Kraft um sich greifen als was wir bisher sehen".

Der Professor für Klinische Pharmazie an der Universität des Saarlandes hat mit seinem Forscherteam einen "Covid-Simulator" entwickelt, der das Infektionsgeschehen in Deutschland berechnet und Prognosen liefert: für ganz Deutschland, die einzelnen Bundesländer bis hin auf Landkreisebene. Er kann auch online genutzt werden.

© dpa-infocom, dpa:210207-99-334615/3

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