Gesundheit - Kiel:Schleswig-Holsteiner müssen sich auf neue Regeln einstellen

Corona
Daniel Günther (CDU), Schleswig-Holsteins Ministerpräsident. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Kiel (dpa/lno) - Noch vor den Beratungen von Bund Ländern am Freitag zur Corona-Lage hat Schleswig-Holstein weitere Einschränkungen angekündigt. Ab kommender Woche sollen bei Sitzveranstaltungen beispielsweise im Theater, im Kino oder bei Konzerten nur noch 500 Personen erlaubt sein. Beim organisiertem Sport und im Fitnessstudio gilt für alle ab 18 Jahren dann 2G plus. Dabei erhalten nur Geimpfte und Genesene mit aktuellem Test Zutritt - Ausnahme sind Menschen mit Auffrischungsimpfung (Booster).

"Wir sehen im Moment einen Anstieg der Infektionen - auch nach Diskotheken-Besuchen sind Fälle aufgetreten", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Die Höhe der Neuinfektionen habe mittlerweile aber eine andere Bedeutung als in den vorherigen Corona-Wellen. Die hohe Impfquote reduziere die Zahl schwerer Verläufe. Studien aus anderen Staaten bestätigten dies. Maßstab blieben die Hospitalisierungsinzidenz und die Belastung der Intensivkapazitäten. Diese lägen derzeit deutlich unter den Werten von vor einem Jahr. Dennoch sei es angesichts der derzeit sehr stark steigenden Infektionszahlen richtig, vorsichtig zu bleiben, weshalb die Landesregierung weitere Maßnahmen vorsehe, so Günther.

Am Donnerstag wurden laut Landesmeldestelle 3470 Corona-Neuinfektionen erfasst. Die Zahl der erfassten Neuinfektionen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen betrug 458,0. Laut Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Donnerstagmorgen war Schleswig-Holstein das Bundesland mit der fünfthöchsten Inzidenz - nach Bremen, Brandenburg, Berlin und Hamburg. Die Hospitalisierungsinzidenz lag bei 3,30. Sie gibt an, wie viele Corona-Kranke je 100.000 Menschen innerhalb einer Woche in Kliniken gekommen sind. In Krankenhäusern wurden 217 Covid-Patienten behandelt, 50 von ihnen auf Intensivstationen. 35 von ihnen wurden beatmet.

Die Regierung will auch die Maskenpflicht ausweiten. Sie soll künftig auch für Beschäftigte im Einzelhandel unabhängig von physischen Barrieren wie beispielsweise an der Kasse gelten. Wenn der Landtag in seiner Sondersitzung am Montag wie geplant eine epidemische Lage für den Norden feststellt, sollen Diskotheken und ähnliche Einrichtungen geschlossen werden. Außerdem ist eine Sperrstunde von 23 bis 5 Uhr geplant.

Die Infektionszahlen sind zuletzt auch deshalb in die Höhe geschossen, weil sich in mehreren Orten Teilnehmer großer Weihnachtspartys in Clubs angesteckt hatten. Tausende Menschen befinden sich in Quarantäne, weil dort auch zahlreiche Gäste mit der Omikron-Variante infiziert waren.

Nach Ansicht von Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré hat auch die Landesregierung Fehler im Umgang mit der Pandemie gemacht. "Definitiv", sagte die Grünen-Politikerin den "Kieler Nachrichten" auf eine entsprechende Frage. "Aber wir als Politik insgesamt, würde ich sagen. Es wurde lange nach dem Prinzip gehandelt, dass die niedrigen Inzidenzen ausschließlich Resultat der guten Politik im Norden sind."

Die SPD-Sozialpolitikerin Birte Pauls forderte, "nun alles dafür zu tun, die Gesundheit der Bevölkerung sowie die kritische Infrastruktur zu schützen". Nötig seien auch mehr Tests, Kontakteinschränkungen sowie niedrigschwellige Impfangebote. "Weitere Maßnahmen sollten im Einklang mit den norddeutschen Bundesländern oder bundeseinheitlich umgesetzt werden, damit es nicht wieder passiert, dass in Hamburg Clubs geschlossen sind und in Schleswig-Holstein getanzt werden darf."

Der Landrat des derzeit besonders betroffenen Kreises Dithmarschen, Stefan Mohrdieck, fordert einen klaren Kurs. "Wir sollten vielleicht ein bisschen mehr Gelassenheit an den Tag legen", sagte Mohrdieck der Deutschen Presse-Agentur. Es sei zu entscheiden, ob Einschränkungen zurückgenommen werden und "wir vielleicht auch Dinge laufen lassen", weil die Omikron-Variante nach Einschätzung von Medizinern nicht so gefährlich sei. "Wenn man dieser Überzeugung nicht folgt, müssen wir natürlich deutlich rigorose Maßnahmen haben, die dann wieder eher so Richtung Lockdown gehen, die dann auch Leute wirklich erst mal zum Innehalten, zum Kontaktebeschränken anhalten."

Mit 671,7 hatte der Kreis nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Donnerstagmorgen nach der Stadt Bremen die höchste Zahl an Neuinfektionen binnen sieben Tagen je 100.000 Einwohner in Deutschland. Die RKI-Liste bezieht sich auf die Zahlen vom Vortag - also vom Mittwoch. Am Donnerstagnachmittag meldete der Kreis 350 neue Fälle und gab die Inzidenz mit 808,6 an.

Unterdessen soll der Schulunterricht am Montag unter verschärften Corona-Schutzmaßnahmen starten. Vorgesehen sind in den ersten zwei Wochen drei statt zwei Tests pro Woche. Präsenzunterricht habe höchste Priorität, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). "Schülerinnen und Schüler brauchen so viel wie möglich Kontinuität und Normalität." Geplant ist eine Ausweitung der Testpflicht auf Genesene und Geimpfte. Ab Montag gilt für alle Schularten und alle Jahrgänge Maskenpflicht. Grund- und Förderschüler werden in Kohorten unterrichtet.

Bereits umgesetzt hat Schleswig-Holstein Vorschläge der Gesundheitsminister zur Verkürzung von Corona-Quarantänezeiten. Ab sofort gelten für enge Kontaktpersonen von Infizierten einheitlich zehn Tage - unabhängig von der Virusvariante. Geimpfte Beschäftigte mit Grundimmunisierung aus Bereichen der kritischen Infrastruktur können nach einem negativen PCR-Test schon nach fünf Tagen wieder arbeiten gehen.

© dpa-infocom, dpa:220106-99-617002/5

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