Gesundheit:Immer mehr Menschen in Deutschland schlafen schlecht

Gesundheit: Viele Menschen schlafen schlecht und sind tagsüber müde.

Viele Menschen schlafen schlecht und sind tagsüber müde.

(Foto: Paul von Stroheim/imago)
  • Laut dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport sind Schlafstörungen bei Berufstätigen im Alter von 35 bis 65 Jahren von 2010 bis heute um 66 Prozent gestiegen.
  • Das Berliner Iges-Institut hat für die Kasse die Daten von 2,6 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet.
  • Jeder Zweite mit Schlafstörungen kauft Medikamente ohne Rezept in der Apotheke oder Drogerie. Knapp jeder Vierte schluckt Schlafmittel länger als drei Jahre.

Von Thomas Öchsner

Viele Berufstätige schieben abends Überstunden, schauen im Bett vor dem Einschlafen Filme oder Serien, checken Dienstmails oder planen den nächsten Arbeitstag. "Der Körper aber braucht Zeit, um nach einem stressigen Tag abzuschalten und sich auf den Schlaf einzustellen. Diese Zeit müssen wir ihm gönnen", sagt Ingo Fietze, Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité.

Weil viele das nicht tun und lieber abends weiter auf allen Kanälen unterwegs sind, tragen sie selbst dazu bei, schlecht zu schlafen. Auch deshalb haben in Deutschland immer mehr Menschen Probleme beim Ein- und Durchschlafen. Das geht aus dem Gesundheitsreport der Krankenkasse DAK-Gesundheit hervor, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

Das sollte "uns wachrütteln"

Das Berliner Iges-Institut hat für die Kasse die Daten von 2,6 Millionen erwerbstätigen Versicherten ausgewertet. Außerdem wurden etwa 5200 erwerbstätige Frauen und Männer im Alter von 18 bis 65 Jahren durch das Forsa-Institut repräsentativ befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass ein zunehmend großer Teil der Bevölkerung unter Schlafstörungen leidet. Das sollte "uns wachrütteln", sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. "Viele Menschen kümmern sich nachts um volle Akkus bei ihren Smartphones, aber sie können ihre eigenen Batterien nicht mehr aufladen."

Laut dem Gesundheitsreport sind die Schlafstörungen bei Berufstätigen im Alter von 35 bis 65 Jahren von 2010 bis heute um 66 Prozent gestiegen. 80 Prozent der Berufstätigen haben den Angaben zufolge Schlafprobleme, hochgerechnet sind das etwa 34 Millionen Menschen. Unter der besonders schweren Schlafstörung, im Fachjargon Insomnie genannt, leidet fast jeder zehnte Erwerbstätige. Hier verzeichnet die Studie ein Plus um 60 Prozent. Diese Menschen haben Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Ihre Schlafqualität ist schlecht, weil sie häufiger aufwachen und schlecht wieder einschlafen können. Tagsüber sind sie dann oft müde und erschöpft, wobei Frauen von der Insomnie etwas häufiger betroffen sind als Männer.

Gibt es Schlafprobleme, greifen viele Betroffene zu Medikamenten. Jeder Zweite mit Schlafstörungen kauft laut dem Gesundheitsreport Medikamente ohne Rezept in der Apotheke oder Drogerie. Knapp die Hälfte bekommt ein Rezept. Auch hier gibt es einen deutlichen Anstieg. Im Vergleich zu 2010 nehmen heute fast doppelt so viele der 35- bis 65-jährigen Erwerbstätigen Schlafmittel, das ist fast jeder Zehnte.

Knapp jeder Vierte schluckt die Schlafmittel sogar länger als drei Jahre. Schlafexperte Fitze hält dies für problematisch. "Heute werden noch immer zu viele Mittel mit Abhängigkeitspotenzial über zu lange Zeiträume eingenommen", sagt er. Es sei wichtig, die Behandlung mit Schlafmitteln Ärzten zu überlassen, die sich damit auskennen.

Viele wissen aber auch, dass es nicht unbedingt gut ist, gleich zu Pillen zu greifen. Wie die Forsa-Umfrage zeigt, versuchen mehr als zwei Drittel derjenigen, die wegen Schlafproblemen zum Arzt gehen, zunächst mögliche psychische Ursachen abzuklären. Mehr als jeder dritte Patient bekommt eine Psychotherapie. DAK-Chef Storm warnt davor, Schlafprobleme zu unterschätzen. Schlechter Schlaf könne der Gesundheit schaden. "Schlafstörungen erhöhen beispielsweise das Risiko für Depressionen und Angststörungen. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit dem starken Anstieg der Krankmeldungen bei den psychischen Erkrankungen in den vergangenen Jahren."

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