Gesundheit - Hildburghausen:Hohe Dunkelziffer an Schulen? Testbeginn im Corona-Hotspot

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Tilo Kummer,Bürgermeister von Hildburghausen. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Hildburghausen (dpa/th) - Zum Glück für die Kleinsten hat es in der Nacht geschneit. Vor einem Seiteneingang des Kindergartens "Werraspatzen" in Hildburghausen liegen am Dienstag stellenweise mehrere Zentimeter Schnee. Ein schöner Zeitvertreib für etwa ein halbes Dutzend Kinder, die mit ihren Eltern auf ihren Corona-Schnelltest vor der Kita warten.

Sie sind die ersten Teilnehmer einer laut Thüringer Gesundheitsministeriums bisher einmalige Aktion, die bis 4. Dezember läuft: Im Corona-Hotspot Hildburghausen können sich tausende Kindergarten- und Schulkinder sowie Lehrer und Erzieher freiwillig auf das Virus testen lassen.

Das soll in dem Kreis an der Grenze zu Bayern die Wiederöffnung der Kindergärten und Schulen ermöglichen. Sie sind nach einem explosionsartigen Anstieg der Infektionszahlen seit dem 25. November geschlossen. Der Landkreis war tagelang die Region in Deutschland mit der höchsten Inzidenz mit bis zu 630 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohnern in sieben Tagen. Am Dienstag ging der Wert weiter zurück und lag laut Gesundheitsministerium bei 519.

Aber es geht bei den Tests nicht nur um die Schulöffnung. Es solle auch herausgefunden werden, ob Schulen und Kitas eine erhöhte Corona-Dunkelziffer aufwiesen, sagte Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) in Erfurt. Ob sich dafür ausreichend Testkandidaten finden, ist allerdings bisher fraglich.

Etwa ein Drittel der Kinder aus den städtischen Kindergärten und die Mehrheit der Erzieherinnen und Erzieher hätten sich zum Test angemeldet, sagt Hildburghausens Bürgermeister Tilo Kummer (Linke), der sich am Dienstag ebenfalls untersuchen lässt. Die Tests seien auch dann wichtig und richtig, wenn nur ein Teil der Kinder in der Region untersucht werde. "Wir werden dann sehen, wie hoch der Anteil der Tests ist, die positiv ausfallen."

Nicht alle Kommunalpolitiker des Kreises unterstützen wie Kummer die Aktion. Eltern, die mit ihren Kindern vor der Kita warteten, haben keine Vorbehalte. Sie sei Kindergarten-Erzieherin, habe also viel Kontakt mit den Kleinsten und wolle sich deshalb testen lassen, sagt eine Mutter. Angst, dass ihrem einjährigen Sohn der Test schaden könne, habe sie nicht. "So was ist schnell wieder vergessen." Eine andere Mutter äußert sich ähnlich. Sie habe ihrer vierjährigen Tochter gesagt, dass sie kurz zum Arzt müsse. Damit sei die Sache erledigt gewesen.

Beide Kinder spielen mit großem Abstand zwischen sich fast eine Stunde lang im Schnee. Geplant war dieses lange Spielen eigentlich nicht. Doch der Beginn der Tests verzögerte sich - die Räume des Kindergartens, der in einigen Wochen saniert werden soll, waren nicht rechtzeitig eingerichtet.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums stehen insgesamt rund 11 000 Antigen-Tests im Kreis Hildburghausen zur Verfügung. Unterstützung leisten dabei das Deutsche Rote Kreuz, das Technische Hilfswerk und die Bundeswehr. Nach Angaben des Thüringer Bildungsministeriums gibt es in dem Kreis etwa 6300 Schüler und 2700 Kindergartenkinder. Hinzu kämen ihre Betreuer.

Ministerin Werner sieht den Grund für die hohe Inzidenz in der Südthüringer Region in einer "gewissen Sorglosigkeit über den Sommer", als es kaum Infektionen gab. So habe eine Hochzeitsfeier zu einer großen Anzahl Infizierter geführt. Auch sogenannte Garagen-Partys hätten eine Verbreitung des Virus zur Folge gehabt, so dass jetzt ein diffuses Infektionsgeschehen vorliege. Außerdem spiele wohl auch die hohe Zahl der Pendler nach Bayern eine Rolle, sagte Werner.

Nach einer in der Nacht zu Dienstag veröffentlichten neuen Verordnung des Kreises können Kindergärten und Schulen, an denen es Schnelltests gab, Kinder und Jugendliche mit negativem Testergebnis am Folgetag wieder betreuen. Unabhängig davon sollen alle Schulen des Kreises am 14. Dezember wieder in den eingeschränkten Regelbetrieb gehen.

Erst am Wochenende waren die Beschränkungen im Kreis Hildburghausen mit einem Verbot unangemeldeter Versammlungen nochmals verschärft worden. Damit reagierte das Landratsamt auf eine spontane Protestaktion gegen den Lockdown vor einer knappen Woche, bei der Hunderte Menschen singend und teilweise ohne Einhaltung der Infektionsschutzregeln durch die Stadt gezogen waren. Seitdem ist abends mehr Polizei auf den Straßen als sonst.

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