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Gesundheit - Friedrichsdorf:Bauernverband fürchtet wegen Corona-Krise Ernteausfälle

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Darmstadt/Grebenstein (dpa/lhe) - Der Hessische Bauernverband fürchtet wegen der Corona-Krise und den ausbleibenden Saisonarbeitskräften Ernteausfälle bei Obst und Gemüse. "Was nicht gepflanzt wird, kann nicht geerntet werden", sagte der Sprecher des Verbandes, Bernd Weber. In Hessen beginne jetzt die Pflanzung von Salat, Kohl oder auch Erdbeeren. "Wir brauchen dringend Saisonarbeitskräfte." Landesweit bestehe Bedarf an 16.000 bis 17.000 Helfern. Einige Höfe hätten Kräfte, bei anderen sei gerade einmal ein Drittel der notwendigen Leute vor Ort. Auch die Spargelbauern hatten zum Saisonstart über den Mangel an Arbeitskräften geklagt.

"Jetzt geht es rund in den Betrieben", sagte Weber. Die Pflanzarbeiten seien ganz wichtig. Polen, Rumänen oder Bulgaren seien besorgt, sich zu infizieren. Aber sie könnten kommen. Eine Fahrt nach Deutschland sei grundsätzlich möglich.

Angesichts drohender Engpässe in der Landwirtschaft wegen der Corona-Krise will die Bundesregierung die Regelungen für Saisonkräfte flexibler gestaltet. So sollen sie eine kurzfristige Beschäftigung für bis zu 115 Tage sozialversicherungsfrei ausüben können. Bisher ist dies für bis zu 70 Tage möglich. Zudem könnten Saisonarbeitskräfte, die schon in Deutschland sind und dies wollen, länger hier arbeiten. Dies helfe bei Ernte und Aussaat.

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Spargel Südhessen, Rolf Meinhardt, begrüßt das Engagement der Bundesregierung, greift aber auch zur Selbsthilfe: "Es ist so etwas wie Licht am Horizont, was die Erntehelfer angeht." Zusammen mit anderen Landwirten wurde ein Flug organisiert, um die Erntehelfer ins Land zu holen. Auch eine hier gestrandete kubanische Zirkusgruppe will jetzt auf den Feldern mit Hand anlegen. Er selbst glaube aber, dass er in diesem Jahr nur 60 bis 70 Prozent seiner Felder abernten werde. Er brauche sicher noch mehr Helfer. Allerdings sei es auch eine Frage, wie die in Zeiten des Coronavirus untergebracht werden sollen. Auf seinem Betrieb herrsche "Hofquarantäne": "Wir kaufen für die Leute ein."

In Nordhessen wollen Lehrer, Gastronomie-Mitarbeiter und Pfarrer bei der Spargelernte anpacken. "Bei mir haben sich Menschen aus allen Berufsgruppe gemeldet, die nun zuhause rumsitzen", sagte Obst- und Gemüsebauer Manuel Klemme aus Grebenstein. Wegen der Angst vor Infektionen mit Covid-19 fehlen auch dort Erntehelfer aus Süd- und Osteuropa.

Über 100 Anfragen habe er bekommen, erklärte Klemme. Ein Teil der Anrufer habe einfach den Wunsch gehabt, etwas zu tun zu haben. Die Bezahlung habe da keine große Rolle gespielt. Ein guter Erntehelfer komme auf 15 bis 18 Euro die Stunde. Wie viel Arbeitskräfte Klemme braucht, hängt vom Wetter und der Leistung der Erntehelfer ab. "Die normalen Spargelstecher kommen seit über 20 Jahren. Die haben eine ganz andere Stechleistung wie jemand, der das noch nie gemacht hat", sagt er. In Nordhessen beginnt die Spargelsaison Anfang April.

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