Gesundheit - Erfurt:Streit um Datenschutzfragen bei Tests an Schulen

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Thüringens Bildungsminister Helmut Holter spricht in Erfurt. Foto: Michael Reichel/dpa-Zentralbild/dpa/Archvibild (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa/th) - Die Corona-Selbsttests für Kinder und Jugendliche an Thüringens Schulen haben einen Konflikt zwischen dem Landesdatenschutzbeauftragten Lutz Hasse und dem Bildungsministerium ausgelöst. Nach Hasses Einschätzung sind Einwilligungserklärungen der Eltern nötig, damit Schülerdaten bei den Tests erhoben und verarbeitet werden dürfen, wie der Jurist am Donnerstag sagte. Zuvor hatte die "Thüringische Landeszeitung" darüber berichtet.

Hasse sagte der dpa, das Bildungsministerium habe ausgeblendet, dass bei der Durchführung der Tests Daten erhoben würden, "und zwar Gesundheitsdaten und Kinderdaten", betonte Hasse. Dabei gehe es zum Beispiel um die Erfassung, ob ein Schüler positiv oder negativ getestet worden sei.

In einem Schreiben an die Schulen wies Hasse auf die Datenschutzbedenken hin und betonte unter anderem, dass positive Testergebnisse vertraulich behandelt werden müssten. "Eine Identifizierbarkeit von positiv getesteten Schülern/innen, bspw. durch eine offenkundige Separierung dieser Schüler auf dem Schulhof oder im Klassenraum, sollte vermieden werden", heißt es in dem Schreiben. Bislang war aber vorgesehen, dass die Tests in den Klassenräumen gemacht werden.

Hasses Behörde hat inzwischen bereits ausgefertigte Einwilligungserklärungen an die Schulen geschickt. Seiner Einschätzung nach müssen die Eltern jeweils zwei Datenschutzformulare unterzeichnen. In Thüringen müssen die Eltern bislang nicht explizit zustimmen, dass ihre Kinder an den Schulen getestet werden, sondern müssen dem ausdrücklich widersprechen, wenn sie dies nicht wünschen (Widerspruchslösung). Einwilligungserklärungen zur Datenverarbeitung waren bislang auch nicht vorgesehen.

Das Thüringer Bildungsministerium will am bisherigen Vorgehen festhalten. "Datenschutz ist ein hohes Gut, das jedoch mit anderen Rechtsgütern wie etwa dem Gesundheitsschutz und dem Recht auf schulische Bildung abgewogen werden muss", erklärte ein Sprecher des Bildungsministeriums und wies darauf hin, dass Hasses Schreiben an die Schulen nicht mit dem Ministerium abgesprochen war. Dies setze die Schulleitungen "nicht hinnehmbaren Schwierigkeiten aus". Bis zu einer Klärung zwischen dem Landesdatenschutzbeauftragten und dem Bildungsministerium bleibt es daher bei der vom Bildungsministerium verfügten Vorgehensweise in den Schulen, sagte der Sprecher. Dies werde man den Schulen auch so mitteilen.

Der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbands (tlv), Rolf Busch, kritisierte sowohl das Vorgehen des Ministeriums als auch Hasses Verhalten. "Beide helfen den Lehrern nicht, sondern stressen sie zusätzlich", sagte Busch. Zwar sei die Widerspruchslösung angenehm, weil die Lehrer dadurch keine Einwilligungen der Eltern einholen müssten, jedoch gebe es rechtliche Bedenken. Zudem kritisierte er die fehlenden Absprachen zwischen Bildungsministerium und Landesdatenschützer. "Das schlimmste ist: Mit uns redet keiner, das ist schrecklich", sagte Busch und forderte, dass jene mit einbezogen werden sollten, die die Teststrategie umsetzen müssten - also Schulleitungen und Lehrer.

Der Sprecher des Bildungsministeriums erklärte, die Widerspruchslösung ziele darauf ab, "dass die freiwilligen Testangebote möglichst viele Schülerinnen und Schüler erreichen. Die Möglichkeit, nicht am Testen teilzunehmen, bleibt gewahrt". Man wolle nun möglichst schnell eine Klärung mit Hasse herbeiführen.

© dpa-infocom, dpa:210414-99-195496/4

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