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Gesundheit - Düsseldorf:Per Handy zum freien Pflegeplatz: "Heimfinder"-App gestartet

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Düsseldorf (dpa) - Wer in NRW nach einem Pflegeplatz sucht, kann das ab sofort per Handy-App tun. Mit der neuen Software, die Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Dienstag in Düsseldorf vorgestellt hat, lassen sich die Pflegeheime in NRW tagesaktuell nach freien Plätzen durchsuchen. "Ich bin überzeugt, dass das neue Angebot die Betroffenen bei der Suche nach einem freien Pflegeplatz erheblich entlastet", sagte der Minister. Bislang hätten Betroffene sich oft "die Finger wund wählen" müssen. Gegen fehlende Pflegeplätze könne eine App jedoch auch nichts ausrichten, bemängeln Kritiker.

Besitzer von iPhones können das Programm schon herunterladen, auf Android-Handys soll sie "in Kürze" verfügbar sein. Auch vom Computer aus lässt sich das Angebot nutzen. 2382 erfasste Einrichtungen in NRW, 39 davon in der Nähe - das zeigt die App an, wenn man sie am Tag ihrer Einführung am Standort Düsseldorf aufruft. Genauso wie man vor einem Urlaub im Internet nach freien Unterkünften suche, könne man nun landesweit nach aktuell freien Plätzen in Heimen für die Dauer- oder Kurzzeitpflege suchen, so Laumann. NRW sei damit Vorreiter unter den Bundesländern.

Gibt man jedoch Städte wie Essen oder Wuppertal in die Suche ein, sind vereinzelte freie Plätze die Ausnahme in einer langen Liste von Heimen, in denen keine Plätze zur Verfügung stehen. Selbst die beste App kann nichts daran ändern, dass Pflegeplätze weiterhin Mangelware bleiben. Der "Heimfinder" werde "dokumentieren, welche versorgungspolitischen Probleme wir im Land in der Pflege haben", meint Christof Beckmann vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste. Heime müssten täglich melden, "dass sie über keinen belegbaren Pflegeplatz verfügen".

Ende 2017 gab es dem Gesundheitsministerium zufolge in NRW rund 770 000 Pflegebedürftige. Aktuellere Zahlen würden derzeit noch ermittelt, sagte eine Sprecherin. Private Pflegeanbieter warnen vor einer dramatischen Unterversorgung in vielen Regionen Nordrhein-Westfalens - insbesondere bei Kurzzeitpflegeplätzen. Die Zahl der Pflegebedürftigen in NRW soll bis zum Jahr 2035 nach Prognosen auf mehr als 900 000 steigen. Die App soll der Regierung auch einen besseren Überblick über regionale Probleme geben. "Gibt es nie oder selten freie Plätze, dann braucht es neue Angebote", sagte Laumann.

Die Pflegeeinrichtungen sind seit Jahresbeginn gesetzlich dazu verpflichtet, Tag für Tag ihre freien Kapazitäten zu melden. Mehr Bürokratie für Heime, die ohnehin schon unter großem Personalmangel leiden und deren Belastung am Limit ist? Davor warnt der Verband Deutscher Alten-und Behindertenhilfe, auch wenn er die Neuerung grundsätzlich begrüßt. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, der in seinem Rhein-Kreis Neuss bereits seit rund zwei Jahren eine solche App im Einsatz hat, winkt ab. "Das ist kein Hexenwerk", sagt er. Im Gegenteil: Die Technik helfe den Einrichtungen auch, ihre Kapazitäten besser auszulasten. Die regionale App diente als Vorlage für die landesweite Version, der Kreis stellte dem Land die Basis und die Rechte kostenfrei zur Verfügung.

Der "Heimfinder NRW" ist nicht das erste digitale Angebot, mit dem man nach Pflegeplätzen suchen kann. Auch die Verbraucherzentrale oder Krankenkassen stellen ähnliche Portale bereit. Diese seien aber nicht unbedingt auf dem tagesaktuellem Stand oder es steckten privatwirtschaftliche Interessen dahinter, sagte Frank Wübbold vom Paritätischen NRW. Die Initiative des Landes sei deshalb die bessere Wahl. Man müsse nun abwarten, wie sich das Angebot entwickle. Tagespflegeeinrichtungen sind bislang nicht durchsuchbar, sollen aber in einer späteren Version der App hinzukommen. "Jede Plattform ist nur so gut wie diejenigen, von denen sie genutzt wird. Wenn beide Seiten das gut annehmen, kann das gut funktionieren", so Wübbold.

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