Gesundheit - Düsseldorf:Pandemie: Einschränkungen für Clubs und Fußballstadien

Corona
Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (CDU), spricht im Landtag. Foto: Oliver Berg/dpa (Foto: dpa)

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Düsseldorf (dpa/lnw) - Infolge der hohen Corona-Neuinfektionszahlen will Nordrhein-Westfalen Clubs und Diskotheken schließen. Das kündigte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch in einer Sondersitzung des Düsseldorfer Landtags zur Corona-Krise an. Konkrete Maßnahmen sollen nach der an diesem Donnerstag erwarteten Ministerpräsidentenkonferenz auf dem Verordnungsweg umgesetzt werden.

"Wir werden auch an die Großveranstaltungen rangehen", sagte Wüst. "Fußballspiele wie zuletzt in Köln mit mehr als 50 000 Zuschauerinnen und Zuschauern - eben größtenteils, gegen die Anordnung, ohne Maske - darf und wird es in Nordrhein-Westfalen nicht noch einmal geben." Bei den konkreten Vorgaben will Wüst zunächst auf möglichst bundeseinheitliche Standards setzen.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte RTL/ntv: "Wir haben uns in der Regierung darauf verständigt, dass wir jetzt erst einmal die Kapazität der Stadien auf ein Drittel beschränken werden. Keine Stehplätze mehr, alles auf Sitzplätze und dann halten wir das für vertretbar."

CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen sagte im Plenum, die schwarz-gelbe Koalition entscheide sich "für eine signifikante Reduzierung der Zuschauerzahlen schon ab Samstag". Zuvor hatte Löttgen, der auch im Aufsichtsrat von Borussia Dortmund sitzt, unter Protestrufen aus dem Plenum gesagt: "Es gibt in der Bundesrepublik keinen sichereren Ort als ein Stadion." Dort gebe es "knallharte Kontrolle" und die An- und Abreise der Fans erfolge "schließlich in 3G-kontrollierten Verkehrsmitteln".

Die NRW-Koalition werde dennoch Beschränkungen beschließen, weil Bilder tausender jubelnder Fußballfans ohne Maske und Bilder von Hubschraubern, die schwerkranke Covid-Patienten durch die Republik transportierten, nicht zusammenpassten. Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer warf Löttgen "Realitätsverlust" vor.

Gleichzeitig machte der Landtag mit großer Mehrheit den Weg frei, um noch strengere Schutzmaßnahmen aus dem Bundesinfektionsschutzgesetzes anwenden zu können. Die neue Möglichkeit für besondere Maßnahmen in der Pandemie ist auf zunächst drei Monate begrenzt. Mit dem Beschluss wurde die "konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit" in NRW bestätigt. SPD und Grüne waren mit einem entsprechenden Vorstoß bereits eine Woche zuvor an der Ablehnung der Regierungsfraktionen gescheitert. "Wir haben unnötig Zeit verloren", kritisierte SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty. Die Grünen forderten, jetzt den Krisenstab der Landesregierung zu aktivieren.

Zuvor hatte das Landeskabinett unter anderem auch beschlossen, schon zum 2. Dezember an allen Schulen die Maskenpflicht am Sitzplatz im Unterricht wiedereinzuführen. Die Abschaffung der Maskenpflicht Anfang November sei "grob falsch" gewesen, sagte Kutschaty. Ebenso wie der Lehrerverband Bildung und Erziehung und die Grünen kritisierte er, die Korrektur hätte früher erfolgen müssen.

Kutschaty warf dem Ministerpräsidenten Führungsschwäche in der Corona-Pandemie vor. Wüst müsse Mut zu unpopulären Entscheidungen wie Geisterspielen im Fußball aufbringen. Aber der neue Regierungschef habe nicht einmal den Mut gehabt, Publikum beim Bundesliga-Spiel zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach zu verbieten, kritisierte der SPD-Landes- und Fraktionschef. "Wer nicht den Mut hat, 50.000 Fußball-Fans zu enttäuschen, hat nicht die Führungsstärke, 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger durch diese Pandemie zu bringen." Der NRW-Regierungschef versuche, sich hinter den Corona-Beschlüssen des Bundes zu verstecken, dabei hätte das Landeskabinett längst Corona-Entscheidungen treffen können.

Abgeordnete von CDU und FDP warfen SPD und Grünen vor, Panik zu schüren. "Nordrhein-Westfalen meistert die Herausforderungen der vierten Welle weit besser als die Mehrzahl anderer Bundesländer", sagte Löttgen. "Wir haben noch Kapazitäten in den Krankenhäusern und nehmen Patienten auf, die jetzt Hilfe brauchen."

FDP-Fraktionschef Christof Rasche sagte, die Landesregierung habe stets verhältnismäßig gehandelt: "Wir wollen in Nordrhein-Westfalen einen Lockdown verhindern." Vize-Regierungschef Joachim Stamp (FDP) mahnte in der aufgeheizten Debatte an, in der Krise "nicht nach draußen zu vermitteln, wir würden nicht an gemeinsamen Lösungen arbeiten".

AfD-Fraktionschef Markus Wagner hielt der Regierung vor, sie suche einen Sündenbock für eigenes Versagen in der Pandemie: "Der gesunde Ungeimpfte mit Negativtest - der soll es angeblich sein." Bei der jetzt angestrebten Impfpflicht stelle sich die Frage: "Wie oft soll der Impfzwang gelten - jahrelang für immer und für jeden?"

Wüst mahnte gemeinsames Handeln der staatlichen Ebenen an. Dafür werde er sich als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz weiter einsetzen. Es diene nicht der Akzeptanz, wenn etwa in Münster völlig andere Corona-Regeln gelten als im nahe gelegenen Osnabrück. Die Bürger erwarteten Klarheit und Einigkeit. "Deshalb setze ich auf die gemeinsame Schlagkraft der Länder und des Bundes."

© dpa-infocom, dpa:211201-99-216662/4

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