Gesundheit:«Die Diva unter den Broten» - Sauerteig braucht viel Geduld

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Weinheim (dpa/tmn) - Seine Krume ist dicht und saftig, die Kruste knackt beim Reinbeißen. Sauerteigbrot duftet intensiv, ist bekömmlich, schnittfest und lange haltbar.

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Weinheim (dpa/tmn) - Seine Krume ist dicht und saftig, die Kruste knackt beim Reinbeißen. Sauerteigbrot duftet intensiv, ist bekömmlich, schnittfest und lange haltbar.

Das dunkle Roggenbrot gilt als „Königsdisziplin des Selberbackens“, erklärt Martin Pöt Stoldt, Autor des Buchs „Der Sauerteig - das unbekannte Wesen“. Hat man aber eine gute Anleitung und bringt genug Zeit mit, sei es ganz einfach. Im Prinzip verrührt man bloß Mehl mit Wasser und lässt das Ganze ein paar Tage stehen.

Trotzdem ist das Backen mit Sauerteig manchmal nervenaufreibend. „Bisweilen zeigt er sich launisch, und es braucht Zeit, bis man sich mit der „Diva“ angefreundet hat, beschreibt Martin Johansson in seinem Buch „Sauerteigbrot“. Schon kleine Temperatur- oder Zubereitungsunterschiede können das Gelingen des Brotes vermasseln.

Grundsätzlich gibt es zwei Arten, Brot zu backen: mit Sauerteig oder mit Hefe, wie Silja Meyer erklärt. Sie ist Leiterin der Dr. Oetker Versuchsküche. Hefe wird eher bei Weizenmehlbroten eingesetzt, Sauerteig bei Broten mit Roggenmehlanteil wie Grau- oder Roggenmischbroten. Dabei gilt Backen mit Sauerteig als traditionellste und reinste Form. In einem handelsüblichen Brot stecken oft Dutzende Zutaten. Fürs Sauerteigbrot braucht es nur Mehl und Wasser. Das hat auch Vorteile für Allergiker und Menschen mit Unverträglichkeiten

Und: Sauerteigbrot halte sich bis zu drei Wochen, sagt Autor Stoldt. Bäckerbrot von heute, meist Hefebrot, werde dagegen schon am Folgetag als „Altbrot“ verramscht. Lutz Geißler, Brot-Blogger und Bäckereiberater, sagt: Geschmacklich und ernährungsphysiologisch sei Sauerteigbrot nicht mit Hefebrot vergleichbar. Ein Brot mit Natursauerteig lässt sich ihm zufolge besser vom menschlichen Körper verwerten.

Aber: „Guter Sauerteig will gepflegt sein“, sagt Geißler. Er muss regelmäßig mit Mehl und Wasser gefüttert und exakt zubereitet werden. Beim Backen gelte es, durch Wasser, Mehl, Zeit und Temperatur ein komplexes mikrobiologisches Milieu zu steuern, erklärt Bäckermeister Bernd Kütscher, Direktor der Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks.

Für die Startkultur Roggenmehl und warmes Wasser zu gleichen Teilen zu einem zähflüssigen Brei mischen. Dann abdecken und an einem warmen Platz 24 Stunden stehen lassen, sagt Geißler. Alle 24 Stunden wird die gleiche Menge Mehl und Wasser zugegeben. „Nach drei bis vier Tagen sollten sich Blasen und säuerliche Aromen bilden“, beschreibt der Blogger. Von dieser blubbrig-blasigen Masse einen Teil abfüllen und kalt lagern: Dieser heißt „Starter“ oder „Anstellgut“, und ist die Basis für alle weiteren Sauerteige.

Schneller geht es, wenn man seinen ersten Ansatz mit Teig von backenden Freunden oder vom Bäcker „impft“, rät Kütscher. Bei 10 Prozent Zugabe von vollreifem Sauerteig - bezogen auf die Mehlmenge - ist der so angesetzte neue Sauerteig innerhalb von 18 Stunden bei Raumtemperatur reif. Ein aktiver Sauerteig sollte frisch säuerlich riechen und eine schokomousseartige Konsistenz haben, beschreibt Johansson.

Das Anstellgut lässt sich sogar aufbewahren. Im Kühlschrank hält es mehrere Tage. Wer es länger haltbar machen will, kann es einfrieren oder mit viel Roggenmehl „trocken krümeln“, sagt Kütscher.

Für den perfekten Sauerteig gibt es unzählige Varianten. Zeit, Mengen, Mischverhältnisse und Temperaturangaben gewichtet fast jeder Bäcker anders. „Außerdem kann mit den Mehlen gespielt werden“, erklärt Geißler: Ein höherer Weizen- oder Dinkelanteil bringe eine elastischere und lockerere Krume - das Brot bleibe dann aber nicht so lange frisch.

Ist der Teig erst mal fertig, geht es ans Brotbacken: Für ein Roggenbrot 500 Gramm Sauerteig mit 1000 Gramm Roggenmehl, 800 Milliliter Wasser, 30 Gramm Salz und 2 Esslöffel Brotgewürz zu verkneten und anschließend eine Stunde gehen lassen. Dann Brote formen und noch einmal eine Stunde warten. Schließlich bei 250 Grad 15 Minuten backen, dann bei 180 Grad eine weitere Stunde.

Für eine knusprige Kruste empfiehlt Dr. Oetker-Expertin Meyer, den Laib vor dem Backen mit Wasser zu bestreichen, mit etwas Mehl zu bestreuen und kreuzförmig einen Zentimeter tief einzuschneiden.

Wer den Grundteig beherrscht, kann experimentieren. Mit unterschiedlichen Zutaten lässt sich der Klassiker noch aufpeppen. Von Sonnenblumenkernen über geröstete Zwiebeln, Nüssen, Oliven, Kastanien und Sauerkraut bis zu Haferflocken oder Speck - etliche Zutaten passen. Sie kommen einfach vor dem Backen in den fertigen Sauerteig - und dann in den Ofen.

Literatur:

Martin Johansson: Sauerteigbrot. Rezepte und Tipps zum Selberbacken, 2014 AT Verlag Aarau und München, ISBN-13: 978-03800-776-0

Martin Pöt Stoldt: Der Sauerteig - das unbekannte Wesen, Verlag Monsenstein und Vannerdat 2014, ISBN-13: 978-3865829641

Lutz Geißler, Björn Hollensteiner: Brotbackbuch Nr. 2, Ulmer Verlag 2015, ISBN-13: 978-3-8001-8374-6

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