Gesundheit - Dessau-Roßlau:Klarheit zu neuen Regeln am Freitag: Klage gegen Verordnung

Corona
Reiner Haseloff, der Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Magdeburg/Dessau-Roßlau (dpa/sa) - Bund und Länder haben in der Corona-Pandemie einen verlängerten Teil-Lockdown und schärfere Kontaktregeln beschlossen - welche Regeln in Sachsen-Anhalt gelten, will die schwarz-rot-grüne Landesregierung am Freitag festlegen. Für den Nachmittag sei eine Video-Schalte geplant, um die Corona-Verordnung zu ändern, hieß es am Donnerstag aus der Staatskanzlei. Am Abend will Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dann die Ergebnisse bekannt geben.

Unterdessen wird die Verordnung ein Fall für das Verfassungsgericht. Auf Antrag der AfD-Fraktion im Landtag werden die Richter in Dessau-Roßlau prüfen, ob einzelne Regeln zulässig sind, wie eine Gerichtssprecherin am Donnerstag sagte.

Haseloff hatte die Sachsen-Anhalter bereits am Mittwochabend darauf eingestimmt, dass sich die strengen Beschränkungen wegen des anhaltenden Infektionsgeschehens wohl bis in den Januar ziehen werden. Einig sind sich Bund und Ländern, dass die seit Anfang November geltenden Schließungsanordnungen für Restaurants, Hotels, Freizeit-, Sport- und Kulturbetrieb bis zum 20. Dezember verlängert werden. Im Gegenzug soll es erneut Entschädigungen für die betroffenen Branchen geben. Noch vor Weihnachten solle die Corona-Lage geprüft werden, hieß es.

Einig sind sich die Länder auch, dass Schulen und Kitas möglichst uneingeschränkt offen bleiben. Im Gegenzug soll es in allen Regionen eine Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse geben, in denen es mehr als 50 neue Corona-Fälle je 100 000 Einwohnern und Woche gibt. Digitaler Fernunterricht und das sogenannte Wechselmodell, bei dem die Klassen geteilt werden und abwechselnd zuhause und in der Schule lernen, sollen nur umgesetzt werden, wenn es "besonders extreme Infektionslagen" mit mehr als 200 Neu-Infektionen je 100 000 Einwohner und Woche gibt.

Damit dürfte das schwarz-rot-grüne Kabinett am Freitag beschließen, dass auch an den staatlichen Schulen in Sachsen-Anhalt ältere Schülerinnen und Schüler im Unterricht eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen. Bisher hatte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) das als unzumutbar abgelehnt. Wenn allerdings Bund und Länder eine solche Pflicht beschlössen, werde Sachsen-Anhalt mitziehen, lenkte er zuletzt ein.

Auch im Alltag soll die Maskenpflicht ausgeweitet werden: Zusätzlich zu öffentlich zugänglichen Räumen und im öffentlichen Nahverkehr müssen alle Menschen auch vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen ihren Mund-Nasen-Schutz tragen.

Noch unklar ist, wie Sachsen-Anhalt die schärferen Kontaktregeln umsetzt. Das werde am Freitag abschließend beredet, sagte Haseloff. Laut der Bund-Länder-Vereinbarung dürfen sich künftig nur noch fünf statt zehn Menschen aus zwei Haushalten treffen. Für die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr soll die Zehner-Regel gelten; Kinder unter 14 Jahren werden dabei nicht mitgezählt.

Sachsen-Anhalt wird wahrscheinlich auf die Einschränkung auf maximal zwei Haushalte verzichten, wie Haseloff ankündigte. Die Fixierung auf Hausstände sei schwer zu fassen und entspreche nicht der Lebensrealität vieler Menschen im Land. Zudem sei offen, ob die familienfeierfreundlichere Regelung für die letzten Tage des Jahres nur an den Weihnachts- und Silvestertagen gelten soll, oder im gesamten Zeitraum. Die Bund-Länder-Einigung lasse beides zu. Klar ist, dass es kein generelles Böllerverbot an Silvester gibt. An zentralen Plätzen, an denen sich Menschentrauben bilden könnten, soll es aber untersagt werden.

Sachsen-Anhalt ist seit Beginn der Pandemie mehrfach von gemeinsamen Bund-Länder-Beschlüssen abgewichen und hatte das mit vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen begründet. Der Spielraum für die lockereren Regeln des sogenannten Sachsen-Anhalt-Wegs bestehe derzeit nicht, sagte Haseloff. Zwar sind die Fallzahlen hierzulande weiterhin vergleichsweise niedrig. Ziel der verlängerten Beschränkungen ist es jedoch, möglichst viele Ansteckungen zu verhindern und auf weniger als 50 Fälle je 100 000 Einwohner und Woche zu kommen.

Am Donnerstag gab es keinen Landkreis, der laut Übersicht des Gesundheitsministeriums unter dieser Schwelle blieb. Der Landkreis Harz kommt der Grenze mit 59 noch am nächsten, besonders belastete Regionen wie der Burgenlandkreis (149), der Saalekreis (145) und das Jerichower Land (118) liegen hingegen weit darüber. Im Landesschnitt erhöhte sich der Wert seit Beginn des Teil-Lockdowns von 36 auf zuletzt 92.

Der parteilose Oberbürgermeister von Halle, Bernd Wiegand, begrüßte die Bund-Länder-Beschlüsse für einen verlängerten Teil-Lockdown mit strengeren Kontaktregeln. "Was bisher gemacht wurde, reicht nicht aus", sagte er am Donnerstag. Die neuen Corona-Maßnahmen seien notwendig. Wiegand selbst denkt nach eigenen Worten darüber nach, die bereits in der Innenstadt geltende Maskenpflicht im Freien weiter auszuweiten.

Die verlängerten Beschränkungen träfen viele Handwerker sehr hart, teilte die Handwerkskammer Magdeburg mit. Doch eine weitere Phase der Kontaktreduzierung sei wohl notwendig, auch weil viele Betriebe durch eine hohe Zahl an Quarantänefällen ihrer Beschäftigten in der Arbeitsfähigkeit stark beeinträchtigt seien.

Ganz anders sieht das die AfD im Magdeburger Landtag. Die Maßnahmen seien völlig überzogen und außerdem weder geeignet noch angemessen, teilte Fraktionschef Oliver Kirchner mit. Deswegen wandten sich die Abgeordneten mit einem Eilantrag und einem Normenkontrollantrag beim Verfassungsgericht gegen die geltende 8. Coronaverordnung.

Wann die Richter in Dessau-Roßlau entscheiden, steht noch nicht fest. Zunächst können Landesregierung und Landtag bis nächsten Dienstag zu den vorgebrachten Argumenten Stellung nehmen. Das Magdeburger Oberverwaltungsgericht hatte zuletzt mehrere Eilanträge gegen den Teil-Lockdown abgewiesen und die Maßnahmen für verhältnismäßig erklärt.

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