Gesundheit - Darmstadt:Corona-Kontakte belasten Gesundheitsämter

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Darmstadt/Kassel (dpa/lhe) - Täglich Tausende Neuinfektionen und vierstellige Sieben-Tage-Inzidenzen in Kreisen und Städten: Die Nachverfolgung möglicher Infektionsketten in der Corona-Pandemie belastet in hessischen Kommunen weiter die Gesundheitsämter. Obwohl auf Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin längst nicht mehr alle Kontakte nach einer nachgewiesenen Corona-Infektion verfolgt werden, können oder konnten Gesundheitsämter andere Aufgaben nur beschränkt wahrnehmen, ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei mehreren Kreisen und kreisfreien Städten. "Die gesetzlichen Pflichtaufgaben des Gesundheitsamts sind kaum möglich", heißt es zum Beispiel aus dem Kreis Hersfeld Rotenburg. In Kassel wurde von einer Reduzierung der regulären Aufgaben gesprochen und auch in Hessens größter Stadt Frankfurt gibt es Einschränkungen.

"Aktuell können nicht alle Ursprungsaufgaben des Gesundheitsamtes Frankfurt im vollen Umfang wahrgenommen werden", heißt es in der Main-Metropole zu den coronabedingten Einschränkungen. Auch die Stadt Offenbach meldete, dass Leistungen über einen längeren Zeitraum eingeschränkt werden mussten. Mittlerweile seien mit Personalverstärkungen die vorübergehend ausgesetzte Schuleingangsuntersuchung wieder aufgenommen worden.

Nach dem Hessischen Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst müssen die Ämter zahlreiche Aufgaben über die Bekämpfung und Verhütung von Infektionskrankheiten hinaus gewährleisten. Neben der Schulgesundheitspflege zählen hierzu unter anderem die Bewertung der psychiatrischen Versorgung, amtsärztliche Untersuchungen, die Aufsicht über Einrichtungen und Berufe im Gesundheitswesen oder auch umweltbezogener Gesundheitsschutz.

Während im ersten Jahr der Pandemie die lückenlose Aufklärung von Infektionsketten und die Nachverfolgung möglichst aller Corona-Kontakte als maßgebliches Instrument zur Eindämmung der Pandemie angesehen wurden, werden jetzt weitestgehend nur noch Kontakte bei besonders gefährdeten Gruppen verfolgt. Im ersten Pandemie-Jahr waren die Inzidenzen deutlich niedriger, mittlerweile sind sie in einigen Kommunen bereits vierstellig. "In der Tat konzentriert sich das Gesundheitsamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt und des Landkreises Darmstadt-Dieburg im Hinblick auf die hohe Zahl an Meldungen auf die gefährdeten Bereiche und Gruppen, diese sind Pflege, Kitas, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen und so weiter", teilte die Stadt Darmstadt mit. Die Strategie der vollständigen Kontaktnachverfolgung sei dem Schutz der besonders gefährdeten Gruppen gewichen.

Hintergrund ist eine Empfehlung der RKI. Dort heißt es: "Situationen, in denen es zur Ansteckung mehrerer Personen gekommen sein kann, insbesondere Übertragungsereignisse, in denen Personen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf involviert sind, müssen stärker priorisiert und vom Gesundheitsamt näher untersucht werden." Diese Strategie wird in Hessen nach Angaben des Sozialministeriums auf Grundlage eines Erlasses bereits seit dem Spätherbst praktiziert.

Die unlängst in die Diskussion geratene Luca-App spielt in Frankfurt, Offenbach, Darmstadt, Kassel oder den Kreisen Darmstadt-Dieburg, Offenbach und Hersfeld-Rotenburg keine bis fast keine Rolle. Die App, die Restaurantbesitzern und Event-Veranstaltern bei der gesetzlich vorgeschriebene Erfassung der Kontakte der Besucher helfen soll, ist bei Datenschützern umstritten. Während einige Bundesländer bereits angekündigt haben die Lizenzen auslaufen zu lassen, hat sich die hessische Regierung hierzu noch nicht öffentlich positioniert.

Man habe versucht, via Twitter parteiübergreifend eine Initiative zu starten, sagte der digitalpolitische Sprecher SPD im hessischen Landtag, Bijan Kaffenberger. Diese sei aber nicht zustande gekommen. Die Landesregierung müsse sich bis Ende Februar entscheiden. Die oppositionellen Sozialdemokraten und Liberalen hatten sich unlängst schon für ein Ende der Luca-App in Hessen ausgesprochen.

© dpa-infocom, dpa:220124-99-824832/3

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: