Gesundheit - Berlin:Lage im Corona-Hotspot Sachsen dramatisch: Erste Verlegungen

Berlin
Ein Arzt macht einen Abstrich für einen Corona-Test. Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Dresden (dpa/sn) - Die Situation im Corona-Hotspot Sachsen bleibt dramatisch. Der Trend nach oben bei den Neuinfektionen hielt am Wochenende an - inzwischen liegen acht der zehn Landkreise und die Stadt Chemnitz über der 1000er-Marke bei der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche. Wegen der Überlastung von Krankenhäusern und Kliniken wurden weitere Patienten in andere Bundesländer verlegt. Unterdessen nutzten viele Menschen zusätzliche Impfangebote; andere protestierten, auch gegen Corona-Schutzmaßnahmen.

Die für Corona-Patienten zur Verfügung stehenden Betten sind weiter knapp, die Normalstationen zu 90 Prozent und die Intensivstationen zu knapp 95 Prozent ausgelastet. Dort waren laut der Übersicht des Sozialministeriums am Sonntag 575 von 606 Plätzen belegt. Per Hubschrauber und Ambulanzflugzeug wurden zehn Patienten nach Göttingen und Osnabrück (Niedersachsen), Bielefeld (Nordrhein-Westfalen), Rostock und Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) sowie Bremen geflogen, aus Dresden, Freiberg, Adorf und Zschopau (Vogtland) und Rodewisch im Erzgebirgskreis.

Dort ging die Inzidenz-Kurve weiter nach oben, auf 2021,9. Es bleibt die Region mit dem Höchstwert in Deutschland. Für Sachsen wies das RKI 1205,5 aus, nach 1192,8 am Freitag - der Freistaat bleibt danach das mit Abstand am stärksten von der Infektionswelle betroffene Bundesland in Deutschland.

Die seit einer Woche rückläufige Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen indes sank weiter - von 8,5 am vergangenen Freitag auf 6,78 am Sonntag. Die Inzidenz der Hospitalisierung ist wesentlicher Faktor bei der Entscheidung über schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie.

Unterdessen herrschte Andrang beim Impfen. Hunderte Menschen holten sich bei einer Aktion der sächsischen Kirchen und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) am ersten Advent den Piks in sechs Gemeinde- oder Gotteshäusern - zum Beispiel in der Dresdner Frauenkirche und der Leipziger Nikolaikirche. "Die Online-Tickets waren schon nach anderthalb Stunden weg", sagte Tabea Köbsch von der evangelischen Landeskirche. Ärzte verabreichten Erst-, Zweit- oder Auffrischungsimpfungen.

Auch Landesbischof Tobias Bilz und der Bischof des Bistums Dresden-Meissen, Heinrich Timmerevers, nutzten die Gelegenheit zum Boostern. "Impfen ist die einzige Möglichkeit, diese Pandemie zu beenden und jedes Engagement willkommen, gerade in dieser schwierigen Phase", sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), der im Bildungsgut St. Benno in Schmochtitz (Landkreis Bautzen) vorbeischaute. Er kritisierte Blockaden von Klinikzufahrten und Impfsabotage als "absolut schäbig". Es gebe "militante Gegner und denen müssen wir gemeinsam die Stirn bieten".

Hunderte Menschen protestierten Samstagabend in mehreren Orten des Erzgebirgskreises gegen Corona-Maßnahmen und eine mögliche Impfpflicht, stellten Kerzen an Kliniken und Rathäusern ab und brachten Plakate an. Sie folgten nach Polizeiangaben Aufrufen in sozialen Netzwerken. In Schneeberg trafen sich danach mindestens 300 Menschen zum "Anlichteln" auf dem Markt, wo Verkaufsstände geöffnet waren. Dort wird wegen Verstößen gegen die Corona-Notfallverordnung ermittelt.

Seit Beginn der Pandemie sind landesweit laut RKI-Übersicht inzwischen 480.706 Covid-19-Fälle und 10.903 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus gemeldet worden. Seit Samstag kamen 6233 Infektionen dazu und 20 weitere Menschen starben an oder mit dem Virus. Die Zahl der Genesenen wird auf etwa 338.700 geschätzt.

In mehreren Städten kontrollierte die Polizei die Einhaltung der geltenden Schutzmaßnahmen. In Chemnitz stellten Beamte am Freitag 39 Verstöße fest und lösten am Abend im Ortsteil Altendorf eine Wohnungsparty auf. Gut ein Dutzend Jugendliche hatten in Abwesenheit der Eltern gefeiert, es ergingen 13 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten, vor allem Verstöße gegen die Kontaktbeschränkungen, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Leipziger Polizei kontrollierte am Samstag in der City die Einhaltung der Corona-Schutzregeln.

Landesbischof Bilz rief in einer Botschaft zum Beginn der Adventszeit zu Besinnung und Versöhnung auf. Er erlebe im Moment besonders "Ärger und Bitterkeit, Auflehnung und Verzweiflung", schrieb Bilz laut Mitteilung und appellierte: "Verzichten Sie in diesen schwierigen Wochen auf fruchtlose Auseinandersetzungen, betonen Sie das Verbindende und ermutigen Sie einander!"

© dpa-infocom, dpa:211127-99-164288/3

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