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Gesundheit - Berlin:Corona-Todesfall in Berlin: Neue Klinik braucht Helfer

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Berlin (dpa/bb) - Zum ersten Mal ist in Berlin nachweislich ein mit dem neuen Coronavirus infizierter Patient gestorben. Es handle sich um einen 95 Jahre alten Mann mit schweren Grunderkrankungen, teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit am Freitag mit. Details wurden nicht genannt. Weitere Patienten mit der neuen Lungenkrankheit werden auf Intensivstationen behandelt. Zu ihrem Zustand gab es zunächst keine Informationen. Unterdessen soll nächste Woche der Innenausbau einer Halle auf dem Messegelände beginnen, wie Projektleiter Albrecht Broemme am Freitag sagte. Sie soll möglichst bald als Behandlungszentrum für bis zu 1000 Covid-19-Patienten bereit sein.

Er reche damit, dass 600 bis 800 Kräfte mit verschiedenen Qualifikationen, darunter Ärzte und Pflegekräfte, für den Schichtdienst in dem neuen Zentrum erforderlich seien, sagte Broemme, der Ex-Chef des Technischen Hilfswerks. Bisher gebe es 30 bis 40 freiwillige Meldungen etwa von Menschen im Ruhestand, obwohl bisher kein öffentlicher Aufruf gestartet wurde. Dies soll zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Aus Krankenhäusern könne kein Personal abgezogen werden, sagte Broemme. Die Berliner Krankenhausgesellschaft hatte am Donnerstag selbst Alarm geschlagen, dass wegen der Krise medizinisches Fachpersonal für Kliniken und Pflegeheime benötigt werde. Menschen mit entsprechenden Qualifikationen wurden aufgerufen, sich zu melden.

Das neue Zentrum an der Jafféstraße ist als Überlauf gedacht, falls Krankenhäuser ausgelastet sind. Schwer Erkrankte sollen weiter in Kliniken intensivmedizinisch versorgt werden. Denkbar sei, dass Beschäftigte aus Beleg- und Rehakliniken wegen der abgesagten nicht dringlichen Eingriffe verfügbar seien, ebenso Studenten, so Broemme.

Eine weitere Herausforderung sei die Suche nach einem Träger für das Zentrum. Es handle sich schließlich nicht um eine "Dorfklink". Ein anfangs angekündigtes Amtshilfeersuchen an die Bundeswehr sei bisher weder gestellt noch nötig, sagte Broemme. Ein Offizier der Bundeswehr sei beratend tätig.

Mit Blick auf das Infektionsrisiko in der Halle sagte Broemme, jedem Mitarbeiter müsse bewusst sein, wo er da arbeite. Er verglich die Tätigkeit mit der eines Feuerwehrmannes, der in ein brennendes Haus geht. Klar sei, dass Schutzausrüstung genutzt werde. Auch bei der Hygiene gelte es, zum Schutz der Patienten viele Regelungen zu beachten. Was das Projekt kostet, wurde zunächst nicht genannt - ebenso wenig wie der Starttermin. Es soll aber schnell gehen. Broemme, der im Dezember in den Ruhestand gegangen war, sagte augenzwinkernd, er wolle in ein paar Wochen seine Gartenarbeit fortsetzen.

Die Zahl der erfassten Infektionen in der Hauptstadt ist zuletzt stark angestiegen: auf 688 Fälle laut Gesundheitsverwaltung (Stand Donnerstagnachmittag). Das Robert Koch-Institut (RKI) führte online am Freitagnachmittag bereits 731 Nachweise für Berlin auf. Zum Vergleich: Am Freitag vor einer Woche waren erst 160 Fälle bekannt. Nach den Angaben vom Donnerstagabend wurden zu dem Zeitpunkt mehr als 40 Menschen im Krankenhaus behandelt, mehr als ein Dutzend lag auf einer Intensivstation. Alle anderen seien häuslich isoliert, hieß es.

Die meisten Fälle in Berlin werden bisher in den mittleren Altersgruppen verzeichnet. Ältere Menschen und solche mit Grunderkrankungen haben jedoch ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe von Covid-19 als junge Menschen.

"Die Jüngeren verhalten sich am unvernünftigsten", sagt RKI-Präsident Lothar Wieler. "Wir können diese Pandemie nur verlangsamen, wenn wir uns alle an die Spielregeln halten." Viele Menschen seien immer noch nicht bereit, ihre sozialen Kontakte zu reduzieren. Dabei habe es solch eine Epidemie noch nicht gegeben. Sie habe eine ganz andere Dimension als eine Grippewelle. "Diese Krise hat ein Ausmaß, das ich mir nie hätte vorstellen können", sagte Wieler.

Bisher sind dem RKI bundesweit 31 Todesfälle im Zusammenhang mit dem neuen Virus gemeldet worden - die bisherige Rate ist wesentlich niedriger als etwa in Italien. Das begründen Experten unter anderem damit, dass Deutschland am Anfang der Epidemie stehe und dass mehr Infizierte getestet wurden.

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