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Geburt:Wo der Kaiserschnitt besonders häufig ist

In Teilen Bayerns kommen mehr als doppelt so viele Kinder per Kaiserschnitt zur Welt als in Dresden. Die Entscheidung für die Schnittgeburt hängt nicht nur von der Diagnose, sondern auch von der Region ab.

Die Wahrscheinlichkeit einer Schnittgeburt hängt in Deutschland stark von der Region ab. Während zum Beispiel in Dresden nur 17 Prozent der Babys per Kaiserschnitt auf die Welt kommen, sind es in Landau in der Pfalz dreimal so viele (51 Prozent). Die Mediziner würden Risiken regional offenbar sehr unterschiedlich bewerten, heißt es in der Studie "Faktencheck Gesundheit" der Bertelsmann Stiftung.

Bei Risikosituationen wie Beckenendlage, Zwillingsgeburt oder einem vorherigen Kaiserschnitt müssen die Gefahren für Mutter und Kind individuell bewertet werden. Es gibt dabei einen relativ großen Entscheidungsspielraum, den Mediziner von Region zu Region offenbar unterschiedlich ausnutzen. Andere Begründungen, wie das steigende Alter der Mütter oder der explizite Wunsch der Eltern nach einem Kaiserschnitt, können die unterschiedliche Verteilung dagegen nicht erklären.

Dagegen spricht auch, dass in den zurückliegenden Jahren die Kaiserschnittrate gerade bei Frauen unter 25 Jahre überdurchschnittlich stark gestiegen ist. Und die Rate der Wunschkaiserschnitte, die ohne medizinische Notwendigkeit erfolgt, liegt der Studie nach bei nur zwei Prozent.

In Deutschland kommt mittlerweile jedes dritte Kind per Kaiserschnitt auf die Welt - Tendenz steigend. Vor 20 Jahren lag der Anteil der Kaiserschnittgeburten erst bei 16 Prozent.

"Es gibt selbstverständlich Situationen, in denen ein Kaiserschnitt unumgänglich ist, um das Leben von Mutter und Kind zu schützen", räumt Petra Kolip, Gesundheitswissenschaftlerin und Mitautorin der Studie, ein. Doch in einigen Regionen liegen die Raten weit über dem Bundesdurchschnitt. Das Problem betreffe nicht nur einzelne Kreise. "In Teilen von Rheinland-Pfalz, Bayern und Niedersachsen liegt die Kaiserschnitt-Rate zum Teil weit über 40 Prozent, in mehreren Gebieten in den neuen Bundesländern hingegen unter 20 Prozent."

Eine Folge sei, dass es in vielen Kliniken immer weniger Erfahrung mit komplizierteren natürlichen Geburten gebe, sagt Kolip. Ein weiterer Anstieg der Kaiserschnittraten ist damit nicht ausgeschlossen.

Dabei gehört Deutschland schon jetzt zu den Ländern, die im europäischen Vergleich die höchste Kaiserschnittrate haben. Eine geringere Säuglingssterblichkeit resultiert aus diesem Phänom allerdings nicht. "Im europäischen Vergleich lässt sich kein Zusammenhang zwischen neonataler Sterblichkeit und Kaiserschnittrate aufzeigen", schreiben die Autoren.

Die genaue Verteilung der Kaiserschnittraten können Sie dieser interaktiven Grafik entnehmen.

Mehr zum Thema Kaiserschnitt lesen Sie in unserem Spezial Geburt.

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