Süddeutsche Zeitung

Gebärmutterhalskrebs:Die HPV-Impfung ist sicher und effektiv

  • Dies ist das Ergebnis einer Studie der Cochrane-Organisation, in die Daten von über 73 000 Frauen einflossen.
  • Die Zahl der gefährlichen Gewebeveränderungen am Gebärmutterhals sank bei geimpften Probandinnen massiv.
  • Es fanden sich keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen.

Von Hanno Charisius

Die Impfung gegen humane Papilloma-Viren hat sich in einer umfassenden Datenanalyse nicht nur als sicher erwiesen, sie schützt auch junge Frauen nachweislich vor Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. Außerdem fanden sich keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen, berichtet eine Forschergruppe der Cochrane-Organisation, die sich der Qualitätsverbesserung in der Medizin verschrieben hat.

Es gibt über 100 verschiedene humane Papilloma-Viren (HPV) , die vor allem beim Sex übertragen werden. Nicht alle sind gleich gefährlich, die Typen HPV 16 und HPV 18 sind alleine für rund 70 Prozent der Gebärmutterhalstumoren verantwortlich. Die neue Studie hat Daten zu über 73 000 Frauen aus 26 Untersuchungen weltweit ausgewertet und zeigt, dass Mädchen und junge Frauen, die zwischen 15 und 26 Jahren gegen zumindest diese beiden Viren geimpft werden, mit hoher Gewissheit gegen Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs geschützt sind.

Da sich Tumoren am Gebärmutterhals meist erst viele Jahrzehnte nach einer Infektion entwickeln, lässt sich gut zehn Jahre nach der Entwicklung der ersten Impfstoffe noch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Wirkstoffe tatsächlich auch vor Tumoren schützen werden. Um die Wirkung der Impfung zu beurteilen, müssen sich Wissenschaftler deshalb vorerst - bis wirklich langjährige Daten vorliegen - auf das Vorkommen von Gewebeveränderungen beschränken, aus denen sich Tumoren entwickeln können.

Die Impfung ist effektiv, doch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen bleiben wichtig

Deren Zahl reduziert sich durch die Impfung deutlich: Bei Mädchen und Frauen, die vor der Impfung noch nie mit HPV 16 und HPV 18 infiziert worden waren, sank das Risiko für gefährliche Krebsvorstufen am Gebärmutterhals von 164 je 10 000 Frauen in der Kontrollgruppe auf 2 je 10 000. Selbst wenn die jungen Frauen zum Zeitpunkt der Impfung bereits mit dem Erreger in Kontakt gekommen sein könnten, bot die Impfung noch Schutz. Lediglich bei 157 von 10 000 Frauen fanden Ärzte Gewebeveränderungen, die einmal zu Krebs werden könnten. In der ungeimpften Vergleichsgruppe waren 341 Frauen betroffen. Bei Frauen die erst im Alter zwischen 25 und 45 Jahren die Impfung bekommen hatten, gab es hingegen keinen schützenden Effekt mehr. Die Forscher vermuten, dass die meisten Frauen dieser Altersgruppe bereits infiziert sind.

Die Cochrane-Mediziner betonen in ihrer Arbeit jedoch, dass keine der analysierten Studien lange genug lief, um die Entwicklung von Gebärmutterhalskrebs zu untersuchen. Die Onkologin Jo Morrison vom Musgrove Park Hospital im britischen Somerset geht zwar davon aus, dass die Krebsraten in Zukunft durch die Impfung sinken werden. "Aber sie kann nicht alle Fälle verhindern, und es ist wichtig, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen - auch nach einer Impfung."

Die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung kann verdächtige Läsionen anhand eines Abstriches erkennen. Tauchen Gewebeveränderungen auf, können diese durch einen kleinen operativen Eingriff vorsorglich entfernt werden. Weltweit sterben jährlich etwa 266 000 Frauen an einem Zervixkarzinom, bei 528 000 Frauen wird ein Tumor am Gebärmutterhals diagnostiziert.

Inzwischen wird empfohlen, auch Jungen zu impfen

In Deutschland sind zurzeit zwei Impfstoffe verfügbar - einer gegen die beiden Hochrisiko-Virustypen, ein anderer gegen insgesamt neun Virusvarianten. Die Impfung hat sich aber bislang nicht durchsetzen können. Im Jahr 2015 hatten nach Angaben des Robert Koch Instituts in Berlin (RKI) nur 31 Prozent der 15-jährigen Mädchen einen vollständigen Impfschutz.

Die Ständige Impfkommission empfiehlt als Standardimpfung, Mädchen zwischen 9 und 14 Jahren zweimal im Abstand von fünf Monaten zu impfen. Eine Leitlinie empfiehlt auch Jungen ab dem neunten Lebensjahr zu impfen. Männer können das Virus nicht nur beim Sex übertragen, sie erkranken auch häufiger als Frauen an Tumoren im Mund oder Rachen, zu deren Entstehung Papilloma-Viren ebenfalls beitragen. "Leider wurden nicht die Wirkung bei anderen Erkrankungen an Vulva, Scheide, Anus sowie Genitalwarzen und die Wirkung bei Männern beschrieben", sagt Elmar Joura von der Medizinische Universität Wien, der an mehreren HPV-Impfstudien mitarbeitet. Diese seien "ebenfalls exzellent."

Laut einer RKI-Umfrage gaben ungeimpfte Frauen als häufigsten Grund Sicherheitsbedenken und Angst vor Nebenwirkungen an. Dass diese Sorgen unbegründet sind, belegt die Cochrane-Studie ein weiteres Mal. Die Daten lieferten keine Anhaltspunkte dafür, dass die HPV-Impfung mit einem erhöhten Risiko für ernste unerwünschte Nebenwirkungen einhergeht oder das Risiko für eine Fehlgeburt erhöht.

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