Süddeutsche Zeitung

Frauengesundheit:Zahl der Abtreibungen in Industriestaaten auf Tiefststand

In wohlhabenden Ländern brechen immer weniger Frauen eine Schwangerschaft ab. In ärmeren Ländern nicht. Hier fehlt für Pille und Spirale oftmals das Geld.

Dank moderner Verhütungsmittel ist die Abtreibungsrate in den Industriestaaten drastisch gesunken. In den Entwicklungsländern hingegen ist sie seit 25 Jahren etwa gleich hoch.

In wohlhabenden Ländern haben im Jahr 2014 nur noch 27 von 1000 Mädchen und Frauen im Alter von 15 bis 44 Jahren eine Abtreibung vornehmen lassen. 1990 waren es noch 46 von 1000 gewesen. Diese Zahlen präsentiert das auf reproduktive Gesundheit spezialisierte New Yorker Guttmacher Institute in der Fachzeitschrift The Lancet.

"Den stärksten Rückgang der Abtreibungsraten hat in den vergangenen 25 Jahren Osteuropa erlebt (von 88 auf 42 pro 1000 Frauen)", schreiben die Forscher. "Aber auch in Südeuropa (von 38 auf 26), Nordeuropa (22 auf 18) und Nordamerika (25 auf 17) sind die Raten zurückgegangen."

In wohlhabenden Ländern sei der anhaltende Rückgang der Abtreibungsraten größtenteils durch eine häufigere Verwendung moderner Kontrazeptiva bedingt. Diese geben Frauen mehr Kontrolle über das Timing und die Anzahl der Kinder, erklärt die Leiterin der Studie, Gilda Sedgh vom Guttmacher Institute. An der Untersuchung waren auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie das Bixby Center der University of California in San Francisco beteiligt.

In moderne Verhütungsmethoden zu investieren würde sich lohnen

Weltweit haben Frauen zwischen 2010 und 2014 pro Jahr durchschnittlich 56 Millionen Mal abgetrieben. In den Entwicklungsländern ist die Abtreibungsrate seit 1990 lediglich von 39 auf 37 pro 1000 Frauen zurückgegangen und damit beinahe unverändert geblieben.

In Entwicklungsländern seien mehr als 80 Prozent der ungewollten Schwangerschaften darauf zurückzuführen, dass die betroffenen Frauen nicht über moderne Verhütungsmethoden wie Anti-Baby-Pillen oder sogenannte Spiralen verfügten, sagt Gilda Sedgh.

Durch Abtreibungen unter unsicheren Bedingungen, wie sie in vielen armen Ländern der Welt passieren, würden für die danach notwendige medizinische Behandlung pro Jahr Kosten von etwa 300 Millionen Dollar anfallen, sagt Bela Ganatra von der WHO. In moderne Verhütungsmethoden zu investieren würde hingegen deutlich weniger Kosten verursachen als ungewollte Schwangerschaften und die Folgen unsicherer Abtreibungen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2991777
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/fehu/cwb
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.