Süddeutsche Zeitung

Fitness:Kurzer Lauf, langes Leben

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150 Minuten Ausdauertraining pro Woche wurden uns ans Herz gelegt. Eine neue Studie macht nun den Trägen Mut: Schon fünf Minuten Sport am Tag reichen, um das Leben zu verlängern.

Von Werner Bartens

Es stimmt schon, mit Ausdauersport lässt sich die Lebenserwartung beträchtlich steigern. Je nach Untersuchung sind im statistischen Mittel drei, fünf oder sogar neun Jahre mehr drin für den, der regelmäßig läuft, schwimmt, radelt, rudert oder anderweitig seine Langstreckenfitness schult. Allerdings sollte man die gewählte Sportart wirklich gerne mögen und sich nicht dabei quälen, kalauern Sportmediziner, da die gewonnene Lebenserwartung fürs Training draufgeht.

Womöglich ist der Aufwand für ein paar zusätzliche Jahre aber gar nicht so groß, wie Physiologen und Sportärzte lange dachten. Bisher galt der Satz, dass erst dreimal wöchentlich 45 Minuten Ausdauertraining Herz und Kreislauf stärken. 150 Minuten Sport in der Woche, am besten noch mehr, lautete jahrzehntelang die Empfehlung. Viele Menschen spornte das nicht an, sondern hielt sie von regelmäßiger Bewegung ab, da sie vor diesen hohen Ansprüchen von vornherein kapitulierten. Nun zeigt eine Untersuchung im Journal of the American College of Cardiology, dass bereits weniger Sport segensreich für Herz und Kreislauf ist.

"Schon ein paar Minuten am Tag oder mit langsamem Tempo zu laufen, senkt das Risiko für einen Herz-Kreislauf-Tod erheblich", sagt Duck-chul Lee, der Hauptautor der Studie. Sein Team von der Iowa State University kommt auf die griffige Formel, dass bereits ein Lauf von fünf Minuten täglich der Gesundheit nutzt. Die Forscher hatten mehr als 55 000 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 100 Jahren über einen Zeitraum von 15 Jahren untersucht. Nach der langen Studienphase zeigte sich, dass jene, die auch nur ein bisschen liefen, im Mittel mehr als drei Jahre länger lebten als die Nichtläufer. Das Risiko, an Herz-Kreislauf-Problemen zu sterben, wurde sogar um 45 Prozent gegenüber den Bewegungsmuffeln gesenkt.

Die Ärzte konnten anhand ihrer großen Studiengruppe sogar eine Art sportliches Minimalprogramm skizzieren. Selbst wer nur auf 35 bis 50 Minuten Ausdauersport pro Woche kam, in einem Tempo unter zehn Stundenkilometern joggte oder nur kurze Strecken absolvierte, profitierte gesundheitlich.

Bitte ein paar schweißtreibende Minuten pro Tag

"Fehlende Zeit ist eines der größten Hindernisse für die Leute, sich regelmäßig zu bewegen", sagt Lee. "Vielleicht motiviert unsere Studie ein paar Menschen, mit Sport zu beginnen, weil diese gesundheitlichen Ziele locker erreicht werden können." Die Wissenschaftler halten einen Lauf von fünf bis zehn Minuten täglich für wirkungsvoller als 15 bis 20 Minuten zügiges Gehen, was vielen ja schon zu zeitaufwendig ist.

Einige Sportmediziner haben bereits erkannt, dass es sinnvoller ist, Bewegungsmuffel zu ein wenig Aktivität zu motivieren, statt das Wochenprogramm von Trainierten von 150 auf 200 Minuten zu steigern. "Manche Menschen müssen komplett von vorn anfangen, denen nützt ein Übungsplan mit dreimal 45 Minuten Jogging wöchentlich gar nichts", sagt Martin Halle, Chef der Sportmedizin an der TU München. "Für die ist es bereits ein Erfolg, wenn sie kurze Strecken laufen oder eine halbe Stunde lang zügig gehen können." Der größte Nutzen für Herz, Kreislauf und Lebenserwartung stellt sich offenbar dann ein, wenn ein paar schweißtreibende Minuten in den trägen Alltag eingebaut werden.

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Quelle:
SZ vom 29.07.2014
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