Süddeutsche Zeitung

Finanzierung von Stiftungen:Geld stinkt eben doch

Gesundheitsorganisationen, die in Kohlekraftwerke oder Schiffsdiesel investieren? Die gibt es. Sie handeln bestenfalls dumm, im schlimmsten Fall zynisch.

Kommentar von Patrick Illinger

Aus dem alten Rom ist bekanntlich die Weisheit überliefert, wonach Geld keine olfaktorische Wirkung entfalte, selbst wenn es aus der Besteuerung von Toiletten stammt. Aber diese scheinbar so eingängige Logik ist falsch. Geld kann sehr wohl stinken. Das geht so: Man investiert in Zementfabriken, Kohlekraftwerke, Containerschiffe oder andere fossile Industrien. Das Kapital bringt diese Branchen zum Erblühen und die Schlote zum Rauchen. Man muss dabei nicht die Luft in Delhi oder Peking geatmet haben, um zu ahnen: Diese Form der Kapitalanlage stinkt bis zum Himmel. Buchstäblich.

Die Gesundheitsrisiken von Smog, ob Feinstaub oder Treibhausgas, sind ausgiebig erforscht. Bizarr wird es daher, wenn Organisationen, deren Mission die Weltgesundheit ist, ihr Geld in ebenjene Industrien investieren, deren schädliche Auswirkungen sie mit dem Zinseszins des Kapitals zu lindern gedenken. Das ist im schlimmsten Fall Zynismus, im besten Fall reine Dummheit.

Mithilfe der von der Süddeutschen Zeitung ans Licht gebrachten Paradise Papers hat das Wissenschaftsmagazin Science einige der weltgrößten Stiftungen im Gesundheitssektor unter die Lupe genommen, darunter den fast 30 Milliarden Dollar schweren, renommierten Wellcome Trust. Und siehe da: Einige dieser Forschungs- und Gesundheitsförderer investieren kräftig in obskure OffshoreUnternehmen, die keinerlei Hemmungen haben aus Smog Profit zu schlagen.

So kam es laut Science sogar dazu, dass der Wellcome Trust eine aufsehenerregende Studie über die gefährlichen Folgen von Smog förderte und gleichzeitig Rendite aus einem Schweizer Unternehmen bezog, das Schiffsdiesel vertreibt. Dabei ist dieser Treibstoff der letzte Dreck, den man überhaupt verfeuern kann. Dagegen ist der in Deutschland in Verruf geratene Autodiesel das reinste Rosenwasser. Das anrüchige Investment machte der Trust nicht direkt, sondern indem er Kapital bei einer obskuren Holding namens Carlyle International Energy Partners auf den Kaimaninseln parkte - womöglich ohne zu wissen, aber eben auch ohne wissen zu wollen, womit die Karibik-Firma ihre hübsche steuerbegünstigte Rendite erwirtschaftet.

In einer Welt, in der manche ökobewegte Menschen mit dem SUV zum Biobauern fahren, muss man sich über diese Gedankenlosigkeit vielleicht nicht wundern. Doch gibt es einen beträchtlichen Unterschied: Bei besagten Stiftungen arbeiten die klügsten Köpfe der Welt, in wissenschaftlichen Beiräten ebenso wie als Rezipienten von Forschungsmitteln. Diese klugen Köpfe täten gut daran, die für gute Zwecke gedachten Finanzmittel einmal mit allen Sinnen zu überprüfen. Daraufhin, ob sie vielleicht stinken.

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Quelle:
SZ vom 08.12.2018
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