Film-Casting:Die Glatze des Bösen

Film-Casting: Halb- oder Vollglatze gehören zu den Kennzeichen von Filmschurken wie Hannibal Lecter.

Halb- oder Vollglatze gehören zu den Kennzeichen von Filmschurken wie Hannibal Lecter.

(Foto: imago stock&people)

Wer im Film der Fiese ist, erkennt man auf den ersten Blick: Es ist der mit den größten Haut- und Haarproblemen. Dermatologen und Betroffene protestieren dagegen.

Von Berit Uhlmann

Das Böse hat Warzen, Narben und oft eine Glatze - was Hautärzte ganz und gar nicht witzig finden. Im Fachblatt Jama Dermatology kritisieren Dermatologen aus Texas, dass Haut- und Haarprobleme im Film oft als Maske des Fiesen missbraucht werden, während Superhelden mit makelloser Haut geschmückt sind.

Die Mediziner haben die Gesichter von zehn Leinwandschurken und ebenso vielen positiven Helden analysiert, die das American Film Institute zu den Größten der Geschichte gekürt hat. Bei sechs der zehn Fieslinge fanden die Ärzte mindestens eine dermatologische Auffälligkeit. Häufigster Befund waren skeletthafte Schädel, die der Haarverlust hinterlässt, sowie dunkle Augenringe - zwei Merkmale, die schon 1922 den Vampir Nosferatu kennzeichneten. Eine modernere Variante sei Darth Vader aus der fünften Episode von "Star Wars". Unter seinem Helm offenbart er nahezu alle Insignien eines Filmschurken: neben Glatze und Schatten unter den Augen auch eine grau-weiße Hautfarbe, Narben und tiefe Falten.

Narben gehören zum Standardrepertoire, mit dem Hollywoods Maskenbildner das Böse charakterisieren. Schon Kinder lernen, Verletzungsspuren mit Niedertracht zu assoziieren, wenn sie im "König der Löwen" der hinterhältigen Raubkatze Scar begegnen. Besonders verstörend werden Narben und moralischer Verfall im Horrorklassiker " Der Exorzist" verknüpft. Die anfangs reine Kinderhaut der Protagonistin Regan wird mit zunehmender Besessenheit nicht nur dämonisch weiß, sondern auch zerschunden. Hinzu kommt rotes Haar, das im Film generell nur selten echte Helden ziert. Häufiger dient es als Erkennungszeichen von Barbaren, Clowns oder Schwächlingen.

Während also Filmschurken wie Hannibal Lecter aus "Das Schweigen der Lämmer" oder die bösen Hexe des Westens aus dem "Zauberer von Oz" jede Menge Makel haben, fanden die Forscher unter den zehn amerikanischen Allzeit-Superhelden allenfalls zwei kosmetische Beanstandungen. Je eine kleine Narbe tragen die Filmgestalten Indiana Jones in "Jäger des verlorenen Schatzes" sowie Rick Blaine in "Casablanca". Von diesen eher Kühnheit symbolisierenden Schrammen abgesehen gilt: Die Welt rettet man mit zarter Haut.

Jenseits der 20 dermatologisch begutachteten Hollywood-Figuren lassen sich durchaus Gegenbeispiele zur These des pickligen Übeltäters finden. So ist Harry Potter trotz prominenter Narbe ein Filmliebling. Und die Akne-Spuren des Schauspielers Bill Murray waren keine Hürde für das romantische Fach. Doch auch andere Forscher haben beschrieben, wie Hautauffälligkeiten moralische Schwäche symbolisieren und falsche Annahmen über Hautkrankheiten verstärken.

So tauchte zwischen 1960 und 2006 in insgesamt 68 Filmen der "böse Albino" auf. Deren weiße Haut diente als Gegenentwurf zum Sunnyboy. Die Blässe war das Kennzeichen von Vampiren, Mördern und gemeingefährlichen Sonderlingen. Albinismus aber hat nichts mit dem Lebensstil zu tun, sondern ist eine angeborene Störung, bei der die Haut nicht ausreichend Pigmente bildet. Betroffene fühlen sich durch die filmischen Darstellungen stigmatisiert und haben mehrmals dagegen protestiert. Ihr Erfolg war nicht allzu groß.

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