Süddeutsche Zeitung

Falsche Studien:Behörde nimmt Arzneien vom Markt

  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) will Arzneimittelzulassungen zurückziehen, die auf Studien der indischen Firma GVK Biosciences basieren.
  • Recherchen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung hatten ergeben, dass Studien der Firma gezielt manipuliert worden waren.
  • Der Arzneimittelbehörde liegen bislang keine Hinweise auf Gesundheitsgefahren vor.

Von Christina Berndt und Katja Riedel

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat begonnen, Medikamente vom Markt zu nehmen, die aufgrund mutmaßlich gefälschter Studien zugelassen wurden. Am Donnerstag hatten Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR darüber berichtet, dass bei der Firma GVK Biosciences im indischen Hyderabad offenbar Studiendaten für Hunderte Medikamentenzulassungen verfälscht worden waren.

Das Unternehmen erklärte am Freitag, seiner Ansicht nach hätten die betroffenen Studien die erforderlichen Richtlinien erfüllt. Die gefundenen Unregelmäßigkeiten hätten keinen direkten Einfluss auf den Wert der Studien gehabt. Dennoch respektiere man die Entscheidung der Behörden und gehe davon aus, dass die betroffenen Unternehmen die Studien innerhalb der nächsten zwölf bis 15 Monate wiederholen müssten.

Wie viele Zulassungen europaweit betroffen sind, ist noch unklar. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA überprüft derzeit 1250 Zulassungen. Beim deutschen BfArM läuft derzeit ein Anhörungsverfahren zu 176 Zulassungen von 28 Pharmafirmen. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen, teilte ein Sprecher der Behörde am Freitag mit. Es bestünden aber bei all diesen Zulassungen "schwere Zweifel, dass die von GVK Biosciences durchgeführten Studien noch als Zulassungsgrundlage akzeptiert werden". Noch sei das BfArM mit der Auswertung der Studien und der von den Pharmafirmen zusätzlich eingereichten Daten befasst. In einem Schreiben, das im November an die betroffenen Firmen herausgegangen war, teilte das BfArM mit, für das Ruhen der Zulassungen "den Sofortvollzug anzuordnen, so dass Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung haben".

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Das BfArM ist zuständig für Zulassungen für den deutschen Markt. Für in Deutschland käufliche Medikamente, die eine europäische Zulassung besitzen, ist die europäische EMA verantwortlich. Die Behörde gibt der EU-Kommission am Ende der Prüfung eine Empfehlung, diese wird dann eine Entscheidung über die Zulassungen fällen. Eigentlich wollte das BfArM zeitlich und inhaltlich abgestimmt mit EU-Kommission und anderen nationalen Zulassungsbehörden handeln. Nun ist das BfArM aber bereits an diesem Freitag aktiv geworden. Die Behörde werde gegenüber den betroffenen Firmen, bei denen sich Zweifel an den Studien bestätigt hätten, das Ruhen der Zulassung anordnen, hieß es dort. Das bedeutet, dass die Arzneimittel so lange nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, bis neue Studien Wirksamkeit und Sicherheit belegen.

Welche Medikamente von den Suspendierungen betroffen sind, teilte das BfArM zunächst nicht mit. Die Firma Hexal hatte bereits eingeräumt, ein von GVK Bio getestetes Medikament zu vertreiben. Am Freitag teilte das Unternehmen mit, dass die Arznei zwar 2005 von GVK Bio überprüft worden sei. 2013 habe aber auch noch ein anderes Institut Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Medikaments belegt.

Über die Suspendierungen will das BfArM die Öffentlichkeit in Kenntnis setzen, sobald die Firmen informiert sind. Betroffen sind Generika, für die GVK Bio zwischen 2008 und 2014 Studien verantwortet hat. Während einer Inspektion hatte die französische Arzneimittelbehörde im Mai schwere Mängel bei den GVK-Bio-Studien festgestellt.

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SZ vom 06.12.2014/lala
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