Erste Hilfe:Druck, der Leben rettet

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Bekanntlich können Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung im Notfall Leben retten. Allerdings kommt der Herzmassage dabei die weit größere Bedeutung zu.

Werner Bartens

Hand aufs Herz und dann pumpen - so lassen sich Leben retten. Erleidet ein Mensch einen Herzstillstand, kommt es auf jede Sekunde an, denn wenn das Hirn zu wenig Sauerstoff erhält, drohen innerhalb weniger Minuten irreparable Schäden und bald der Tod.

Im Erste-Hilfe-Kurs lernt man Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung. Doch die Herzmassage allein ist der kombinierten Behandlung offenbar überlegen - jedenfalls bei Patienten mit plötzlichem Herztod. (Foto: dpa)

Ausgebildete Ersthelfer wie auch viele Laien wissen, dass sie im Notfall mit Herzdruckmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung bleibende Behinderungen verhindern und Leben retten können.

Jetzt zeigen österreichische Ärzte im Fachblatt Lancet von diesem Freitag, dass die Herzdruckmassage allein der kombinierten Behandlung inklusive Beatmung sogar überlegen ist. "Die Überlebenswahrscheinlichkeit bei Herzstillstand ist um 22 Prozent höher", sagt Peter Nagele, der die Studie geleitet hat.

Die Anästhesisten vom Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien hatten analysiert, wie es 3700 Patienten ergangen ist, die auf verschiedene Weise wiederbelebt worden waren. Wurde der Notarzt informiert und unter Anweisung der Rettungsleitstelle die Druckmassage über dem Brustbein ausgeführt, hatten die Patienten eine bessere Prognose. Von ihnen überlebte eine größere Zahl die ersten 30 Tage nach dem Infarkt.

Im Frühjahr 2008 hatten amerikanische Kardiologen bereits empfohlen, dass sich Laien auf die Herzmassage konzentrieren sollen, sobald jemand kollabiert und nicht mehr ansprechbar ist.

Aus Umfragen wissen Ärzte, dass viele Laien die Mund-zu-Mund-Beatmung scheuen. Sie haben Angst vor Infektionen, ekeln sich oder befürchten, etwas falsch zu machen. "Sind die Leute ehrlich, würden sie oft nicht beatmen", hat Gordon Ewy festgestellt, Notfallmediziner an der Universität Arizona. "Das liegt nicht allein am Ekel-Faktor."

Laien sind oft überfordert, wenn sie in rascher Folge den Brustkorb komprimieren und die Luftzufuhr sicherstellen sollen. In manchen Erhebungen betrug die Pause zwischen den Herzmassagen bis zu 16 Sekunden, wenn zwischendurch beatmet wurde. Zu viel, der Herzschlag sollte maximal für zehn Sekunden aussetzen.

Notfallmediziner wie Michael Sayre von der Ohio State University, der die Expertenkommission 2008 geleitet hat, empfehlen daher: "Notruf wählen und schnell und hart auf die Mitte des Brustkorbs drücken - am besten in einem Rhythmus von 100mal pro Minute."

Peter Nagele schränkt ein, dass die Empfehlung, sich mit der Herzmassage zu begnügen, "wahrscheinlich nur auf Patienten mit plötzlichem Herztod zutrifft, weil da noch genug Sauerstoff im System ist". Tritt der Herzstillstand in Folge einer Verletzung oder beim Ertrinken auf, ist Beatmung vermutlich ebenso wichtig. Das gilt auch für Kinder, die häufig aufgrund von Sauerstoffmangel einen Herzstillstand erleiden.

"Der ,Kiss of Life' sollte ersetzt werden durch ,Keep it Simple, Stupid'", fordern die britischen Notärzte Jerry Nolan und Jasmeet Soar in einem begleitenden Kommentar im Lancet. Viele Rettungsstellen halten sich schon an dieses Motto. In Großbritannien wird beispielsweise bei Herzstillstand empfohlen, dass Ersthelfer mit 600 Kompressionen in sechs Minuten beginnen - und dann zwei Beatmungszüge folgen lassen, wenn bis dahin noch immer kein Notarzt da ist.

Was die Rettungsexperten in anderen Unglücksfällen empfehlen und ob die neuen Erkenntnisse die Ratschläge für Laien beeinflussen werden, zeigt sich am kommenden Montag. Dann werden die neuen Leitlinien zur Wiederbelebung veröffentlicht.

© SZ vom 15.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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