Ernährungswissenschaft:Angebliche Wundernüsse

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15 Gramm Nüsse pro Tag sollen sie vor Diabetes und sogar Krebs schützen. Doch Skepsis an solcher Forschung ist angebracht.

Von Werner Bartens

Es klingt so einfach: Eine Handvoll Nüsse jeden Tag, und schon winkt ein gesundes und langes Leben. Zu diesem Ergebnis kommen Ärzte und Wissenschaftler im International Journal of Epidemiology (online) von diesem Freitag. Für Leckermäuler ist allerdings die Einschränkung zu beachten, dass die gute Nachricht zwar für alle Arten von Nüssen gilt, aber nicht für Erdnussbutter. Der prägende Einfluss von Nuss-Nugat-Creme wurde leider nicht untersucht.

Piet van den Brandt und Leo Schouten von der Universität Maastricht hatten Daten von mehr als 120 000 Niederländern im Alter zwischen 55 und 69 Jahren ausgewertet. Die Teilnehmer wurden nach ihren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten gefragt. In den folgenden zehn Jahren dokumentierten die Forscher, wer krank wurde und starb. Ein günstiger Einfluss war bereits bei relativ kleinen Mengen zu erkennen. Konsumierten die Probanden mindestens 15 Gramm Nüsse jeden Tag, lebten sie länger und litten seltener an diversen Krankheiten.

Während in früheren Studien wiederholt gezeigt wurde, dass der Verzehr von Nüssen gut für Herz und Kreislauf ist, boten die Schalenfrüchte in dieser Untersuchung auch einen gewissen Schutz vor Diabetes, Atemwegserkrankungen, neurodegenerativen Leiden und sogar Krebs. "Ich war überrascht, dass sich die Wirkung schon bei einer relativ kleinen Menge wie einer halben Handvoll einstellt", sagt van den Brandt. "Ein höherer Konsum ging hingegen nicht mit noch mehr gesundheitlichen Vorteilen einher."

Wissenschaftler spekulieren schon länger darüber, dass der hohe Anteil an ungesättigten Fettsäuren und Antioxidantien in Nüssen die positiven Effekte auf die Gesundheit erklären könnte und Herz und Blutgefäße geschmeidig hält. In Erdnussbutter sind hingegen Salz und Transfettsäuren enthalten, die den Nutzen womöglich wieder aufheben.

Untersuchungen zum Einfluss der Ernährung wie diese Kohortenstudie sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Zwar ist der statistische Zusammenhang nachvollziehbar, doch es kann nie ausgeschlossen werden, dass Menschen, die regelmäßig Nüsse essen, sich insgesamt gesünder verhalten und sich beispielsweise mehr bewegen, ausgewogener ernähren und zu einer besser verdienenden und gebildeten Bevölkerungsgruppe gehören. Obwohl versucht wird, den Einfluss dieser Faktoren einzubeziehen, wäre es zu einfach, den gesundheitlichen Nutzen in der Studie allein auf Nüsse zurückzuführen.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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