Ernährung:Bitte, bitte etwas gesünder

Maltose, Aspartam und Co: Was in Süßstoffen und Zuckern steckt

In Deutschland wird es auch weiterhin keine Zuckersteuer geben.

(Foto: dpa-tmn)
  • Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat sich mit Vertretern der Lebensmittelindustrie auf Ziele im Kampf gegen Übergewicht und andere Gesundheitsprobleme geeinigt.
  • Die Hersteller sollen weniger Zucker, Salz und Fett verwenden. Doch ob sie das tatsächlich tun, bleibt "Unternehmensentscheidung".
  • Verbraucherschützer und Grüne kritisierten die freiwilligen Vereinbarungen als wirkungslos.

Von Kathrin Zinkant

Mexiko tut es, Großbritannien auch, selbst Frankreich setzt im Kampf gegen Fettleibigkeit und Diabetes mittlerweile auf staatliche Mittel. Doch in Deutschland wird es eine Zuckersteuer oder andere rigorose Maßnahmen gegen ungesunde Dickmacher aus dem Supermarktregal wohl weiterhin nicht geben.

Am Dienstag hat Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner gemeinsam mit Verbänden der Lebensmittelwirtschaft eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet, die weniger Zucker, Fett und Salz in verarbeiteten Nahrungsprodukten, sowie angepasste Portionsgrößen vereinbart. Die Maßnahmen sollen laut Papier dem wachsenden Problem von Übergewicht und damit verbundenen Krankheiten entgegenwirken. Klöckner lobte, die Lebensmittelhersteller würden nun erstmals anerkennen, "Teil der Lösung des Problems" zu sein.

Alle Veränderungen bleiben freiwillig

Als Teil des Problems an sich aber betrachten sich die Hersteller weiterhin nicht. Und ob sie Maßnahmen einleiten, welchen Zielen sie damit gegebenenfalls konkret folgen, ist laut Grundsatzpapier "Unternehmensentscheidung" - alle Veränderungen bleiben demnach freiwillig. Das gilt auch für die Reduktion von Zucker und Fett in Produkten, die sich an die laut Papier "besonders vulnerable" Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen richtet und die oft besonders stark gesüßt sind.

Zwar plant Klöckner, Zuckerzusätze in Baby- und Kindertees künftig zu verbieten. Allgemeine gesetzliche Vorschriften, Steuern oder gar Bußgeld für extrem fettige oder stark gesüßte Lebensmittel sind jedoch nicht vorgesehen. Laut Vereinbarung soll lediglich ein Monitoring stattfinden, um die Fortschritte der verschiedenen Lebensmittelhersteller hinsichtlich der gesetzten Ziele zu registrieren. Explizit erwähnt die Vereinbarung, dass "wissenschaftliche Expertise aus der Wirtschaft" beteiligt werde, um Effektivität und Praxisrelevanz der Maßnahmen zu bewerten. Umgesetzt werden sollen die Maßnahmen bis 2025.

Verbraucherschützer bezeichnen die Vereinbarung als "lächerlich"

Verbraucherschützer und Grüne kritisierten die Grundsatzvereinbarung am Mittwoch scharf. Die Ernährungsexpertin der Grünen, Renate Künast, bezeichnet das Papier als "Farce". Die Lebensmittelindustrie habe sich schon früher zu freiwilligen Veränderungen an ihren Produkten bereit erklärt und stehle sich nun abermals "aus der Verantwortung". Auch Lisa Molling von Foodwatch bezeichnete die Vereinbarung als lächerlich. "Offenbar denkt die Ministerin, sie müsse nur möglichst dünne Strategiepapiere vorlegen und die Menschen nähmen automatisch ab", sagte die Verbraucherschützerin. Das Verbot von Zucker in Baby- und Kindertees hält Foodwatch für einen "Papiertiger", da es nach Recherchen der Organisation nur auf eine Handvoll Produkte ziele. Tatsächlich ist etwa Trinkmilch für Kleinkinder, die teilweise mit mehreren Zuckerarten gesüßt wird, nicht von dem Verbot betroffen.

Experten zufolge sind freiwillige Maßnahmen wirkungslos. Eine Reduktion von Zucker, Fett und Salz in Fertiglebensmitteln ist dabei oft nicht nur technisch möglich, sie müsste die Attraktivität der Produkte kaum schmälern. Sogenannte Reformulierungen werden unter anderem vom Max-Rubner-Institut untersucht, das für die verbraucherschutzorientierte Ernährungsforschung des Bundes zuständig ist.

Das MRI wird nach Angaben einer Sprecherin auch das Monitoring der nun vereinbarten Ziele übernehmen. "Auf der Basis von 12 500 Produkten, deren Inhaltsstoffangaben aus dem Jahr 2015 vorliegen, werden wir die Entwicklung bis zum Jahr 2019/20 analysieren, um festzustellen, inwieweit die Gehalte an Zucker, Salz und Fett in den Lebensmitteln tatsächlich verringert worden sind."

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