Ebola in den USA:Eine Strategie, die nur dem Virus hilft

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Der erste bestätigte Ebola-Fall in New York beunruhigt viele - doch die Politik sollte sich deshalb nicht zu Aktionismus verleiten lassen (Foto: Timothy A. Clary/AFP)

Heimkehrende Ebola-Helfer wegzusperren, wie es einige US-Bundesstaaten wollen, ist ein fatales Signal. Derartiger Aktionismus täuscht Sicherheit vor - und könnte den Kampf gegen die Seuche erschweren.

Kommentar von Christina Berndt

Es ist ein beliebtes Spiel: Erst wird es versäumt, rechtzeitig sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen. Dann wird in blindem Aktionismus überreagiert. Genauso handeln derzeit verschiedene US-Bundesstaaten, die Helfer aus Ebola-Regionen 21 Tage unter Zwangs-Quarantäne stellen wollen, nachdem bei einem Arzt der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" erst nach seiner Rückkehr nach New York Ebola ausgebrochen ist.

Das Signal ist verheerend, wie die Verantwortlichen im Bundesstaat New York bereits gemerkt haben. Sie haben die Quarantäne-Verfügung schnellstens zurückgenommen, nachdem sich unter anderen US-Präsident Barack Obama kritisch geäußert hat. Helfer müssen die drei Wochen, die bei Ebola längstens zwischen einer Ansteckung und dem Ausbruch der Krankheit vergehen können, nun nur noch in ihrer Wohnung und nicht im Krankenhaus verbringen. Das ist eine sinnvolle Entscheidung. Schließlich sollte es den Ärzten und Pflegern, die ein hohes persönliches Risiko auf sich nehmen, um den Kranken in den von Ebola betroffenen Regionen zu helfen, in ihren Heimatländern nicht noch unnötig schwer gemacht werden.

Zum einen, weil derzeit verzweifelt zusätzliche Helfer für die Krisenregion gesucht werden und immer schärfere Maßnahmen die Arbeit gewiss nicht attraktiver machen. Zum anderen, weil damit zwei Interessen gegeneinander abgewogen werden: das der Allgemeinheit, dem Virus nicht unnötigerweise ausgesetzt zu werden, und der Wunsch der einzelnen Helfer, sich selbstverantwortlich zu verhalten und sich in einer angemessenen Umgebung von ihrem kräftezehrenden Einsatz zu erholen.

Die Helfer brauchen mehr Unterstützung

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Aus medizinischen Gründen ist eine Voll-Quarantäne dieser Personen ohnehin nicht nötig. Schließlich überträgt sich Ebola nicht durch Niesen, sondern erst durch nahen Körperkontakt. Schon ein Sicherheitsabstand von zwei Metern minimiert das Risiko einer Ansteckung enorm. Allerdings sollten die Hilfsorganisationen und Regierungen einen Appell an ihre nach Hause zurückkehrenden Ärzte erneuern: Die Helfer sollten bis zu drei Wochen nach ihrem letzten Patientenkontakt grundsätzlich davon ausgehen, potenziell für andere Menschen ansteckend zu sein. Es muss selbstverständlich sein, dass sie sich ihren Mitmenschen in dieser Zeit auf nicht mehr als zwei Meter nähern, dass sie ihre Familien schützen, indem sie sie nicht umarmen, und dass sie auch nicht in dichtgedrängten U-Bahnen mitfahren. Die Appelle werden gewiss auf Widerhall stoßen. Dass die Helfer im Allgemeinen nicht leichtsinnig mit der von ihnen ausgehenden Infektionsgefahr umgehen, davon darf man angesichts ihres selbstlosen und humanitären Engagements in einer gefährlichen Krisenregion ausgehen.

Zugleich haben die Helfer selbst Unterstützung dabei verdient, um sich an diese Regeln zu halten: Schon eine ausreichende finanzielle Hilfe würde es ihnen erleichtern, die selbstkontrollierte Quarantäne einzuhalten. Schließlich müssen sie dazu nach ihrem Einsatz noch bis zu drei Wochen unbezahlten Urlaub nehmen, bevor sie an ihren üblichen Arbeitsplatz zurück dürfen.

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Sinnlos und ineffektiv sind dagegen - ähnlich wie die Zwangs-Quarantäne für rückkehrende Helfer - die Einreisekontrollen, wie sie die Regierungen der USA und Großbritanniens für alle Flugpassagiere aus Westafrika verhängt haben. Dabei wird unter anderem Fieber gemessen. Wenn ein Mensch, der sich in Westafrika infiziert hat, just zum Zeitpunkt seiner Einreise Krankheitssymptome zeigt, ist das aber reiner Zufall. Ebenso groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass er diese Symptome eben noch nicht zeigt, sondern erst kurze Zeit später, wie dies auch bei dem nach New York eingereisten und mit Ebola infizierten Helfer der Organisation "Ärzte ohne Grenzen" der Fall war. Die Mess-Aktionen an den Flughäfen sind damit reine Symbolpolitik, die die Bevölkerung in Sicherheit wiegen soll. Fatalerweise wiegen sie auch die Personen in Sicherheit, die potenziell infiziert sind. Somit könnten sie mit zur Nachlässigkeit des New Yorker Arztes beigetragen haben.

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