Ebola-Fall in Großbritannien:Infizierte Helferin konnte ungehindert einreisen

Schottische Ebola-Patientin

Trotz Schutzanzug und Maske hat sich die schottische Krankenschwester in Sierra Leone an Ebola angesteckt.

(Foto: dpa)
  • Die schottische Krankenschwester, bei der nach ihrer Rückkehr aus Sierra Leone Ebola diagnostiziert wurde, wird auf einer Spezialstation in London behandelt.
  • Ihr Fall wirft Fragen auf, ob die britischen Sicherheitsbestimmungen ausreichen. Speziell das Screening-Verfahren für rückkehrende Helfer am Flughafen Heathrow wird kritisiert.
  • Die Behörden sind noch auf der Suche nach mehr als 100 Passagieren, die auf mehreren Flügen im Umfeld der erkrankten Schottin saßen.
  • In zwei weiteren Ebola-Verdachtsfällen in Großbritannien wird das Ergebnis erwartet.

Schottin konnte einreisen, obwohl sie selbst Ansteckung befürchtete

Die schottische Krankenschwester, die sich bei einem Hilfseinsatz in Sierra Leone mit Ebola infiziert hat, wird mittlerweile in einer Londoner Spezialklinik behandelt. Auch wenn die Gefahr, dass sich andere Personen bei ihr angesteckt haben könnten, als sehr gering eingeschätzt wird, stellt ihr Fall doch in Frage, ob die Sicherheitsmaßnahmen der britischen Gesundheitsbehörden ausreichen. Speziell die Überprüfung von medizinischen Helfern, die aus Ebola-Gebieten zurückkehren, wird von Experten kritisiert, wie der Guardian berichtet.

Die 39-jährige Schottin war Sonntagnacht gemeinsam mit 29 anderen freiwilligen Helfern von einem fünfwöchigen Einsatz mit der Organisation Save the Children vom Flughafen Freetown über Casablanca nach London zurückgeflogen. Wie auch die anderen Helfer wurde die Frau am Flughafen Heathrow einem Gesundheitscheck unterzogen. sie habe sogar extra nach einer weiteren Messung ihrer Temperatur verlangt, berichtet der Guardian. Offenbar habe sie bereits befürchtet, sich mit dem gefährlichen Virus angesteckt zu haben - Fieber gehört zu den ersten Symptomen.

Die Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde konnten jedoch nichts Ungewöhnliches feststellen und erteilten der Krankenschwester die Erlaubnis, von London weiter nach Glasgow zu fliegen. Dame Sally Davies, die leitende Gesundheitsbeauftrage Großbritanniens gesteht ein, dass dies "die Frage aufwirft, ob wir nicht noch mehr zur Vorbeugung tun sollten".

Arzt kritisiert Quarantäne-Bestimmungen als "schlichtweg unlogisch"

Zuvor hatte sich dem Guardian zufolge bereits die Public-Health-England-Behörde (PHE) dafür ausgesprochen, die Quarantäne-Bestimmungen zu überarbeiten, nachdem ein Arzt, der gemeinsam mit der Krankenschwester aus Sierra Leone zurückgekehrt war, die bisherige Prozedur als "schlichtweg unlogisch" bezeichnet hatte.

Gegenüber dem Guardian kritisierte der Arzt, der auf dem Rückflug nach London neben der erkrankten Schottin gesessen hatte, das "komplett unzureichende" Gesundheitsscreening am Flughafen. Außerdem bemängelte er, dass medizinische Helfer, die direkten Kontakt zu Ebola-Patienten hatten, im ganz normalen Linienflugverkehr reisen. Kaum seien sie zuhause angekommen, dürften sie den PHE-Bestimmungen zufolge dann keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen oder gut besuchte Orte besuchen.

Die PHE reagierte auf die Kritik und kündigte an, man werde die Screening-Prozeduren prüfen - auch wenn diese mit den Bestimmungen anderer Organisationen übereinstimmen.

Behandlung auf Spezialstation

Die Ebola-Patientin, die nur wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Glasgow mit Fieber in ein Krankenhaus gebracht wurde, wird mittlerweile auf einer Spezialstation in der Royal Free Klinik in London behandelt. Hier wurde auch ein 29 Jahre alter britische Krankenpfleger betreut, der sich ebenfalls in Sierra Leone angesteckt hatte. Er hatte das Krankenhaus Anfang September geheilt verlassen und ist inzwischen wieder in Westafrika im Einsatz.

Nach Informationen des Guardian wird die Krankenschwester mit Blutplasma von europäischen Ebola-Überlebenden behandelt. Dieses enthält Antikörper gegen den Virus - erste Therapieversuche hatten sich als vielversprechend herausgestellt. Das noch nicht zugelassene Medikament ZMapp, mit dem der Krankenpfleger behandelt worden war, stehe jedoch nicht zur Verfügung.

Wie am Dienstag bekannt wurde, werden derzeit zwei weitere Menschen in Großbritannien auf Ebola getestet, die in Westafrika waren. Bei einer weiteren Schottin, die in Aberdeen auf das Testergebnis wartet, bestehe jedoch nur ein geringes Risiko, da diese keinen direkten Kontakt zu Ebola-Patienten hatte. Ein weiterer Patient wird aktuell in Cornwall isoliert.

Suche nach Mitreisenden

Seit ihrer Rückkehr nach Großbritannien soll die erkrankte Frau nur mit einer Person direkten Kontakt gehabt haben. Experten halten es deshalb für extrem unwahrscheinlich, dass sich das Virus in Großbritannien ausbreiten könnte.

Die britischen Behörden sind dennoch auf der Suche nach den Mitreisenden der Ebola-Patientin. Alle Personen, die während der Flüge maximal zwei Reihen entfernt von ihr saßen, sollen bis zum 18. Januar regemäßig ihre Temperatur messen. Noch sind offenbar mehr als 100 Passagiere nicht ausfindig gemacht.

Fast 7850 offiziell bestätigte Todesopfer

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind allein in den drei am stärksten betroffenen Ländern Guinea, Liberia und Sierra Leone bislang fast 7850 Menschen an der Virus-Seuche gestorben. Die WHO geht zudem von einer hohen Dunkelziffer nicht registrierter Infektionen und Todesfälle aus.

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