Drogen- und Suchtbericht 2014:Wie sich der Drogenkonsum verändert

Der Anteil der jugendlichen Raucher ist um 50 Prozent gesunken. Außerdem haben drei Viertel aller erwachsenen Deutschen noch nie irgendeine Droge probiert. Deshalb sieht sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung "richtig aufgestellt". Doch es gibt Probleme - vor allem mit Crystal Meth.

  • Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) stellt neuen Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung vor
  • Besorgnis über Alkoholkonsum unter jungen Erwachsenen und die zunehmende Ausbreitung von Crystal Meth.
  • Tabak- und Cannabiskonsum unter jungen Menschen rückläufig

Melanie Mortler, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, ist besorgt über den gefährlichen Alkoholkonsum bei jungen Erwachsenen und die Ausbreitung der Droge Crystal Meth.

Es gebe Hinweise, dass sich die Crystal Meth im deutsch-tschechischen Grenzgebiet ausbreite und in einigen deutschen Großstädten verstärkt ausbreite. Allerdings sei der "Konsum von Crystal Meth im Moment noch kein flächendeckendes bundesweites Problem", so die CSU-Politikerin bei der Vorstellung des neuen Drogen- und Suchtberichts der Bundesregierung in Berlin.

Mortler verweist bei der Präventionsarbeit auf Erfolge: "Die Rückgänge beim Tabak-, Alkohol- und Cannabiskonsum unter Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren zeigen, dass wir in der Drogen- und Suchtpolitik richtig aufgestellt sind", so Mortler.

Die Drogenbericht bündelt Ergebnisse aus verschiedenen wissenschaftlichen Studien und repräsentativen Befragungen. Die wichtigsten Zahlen im Überblick:

Alkohol

  • Mehr als zehn Prozent der Deutschen trinken riskant: In Deutschland konsumieren 9,5 Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanter Form - also mehr als zwölf Gramm täglich bei Frauen, mehr als 24 Gramm pro Tag bei Männern. Diese Menge entspricht einem Durchschnitskonsum von ein beziehungsweise zwei Gläsern Bier am Tag. Aktuelle Erhebungen aus dem Jahr 2012 lassen darauf schließen, dass lediglich 3,6 Prozent der Erwachsenen zwischen 18 und 64 Jahren noch nie Alkohol probiert haben.
  • Regelmäßiger Alkoholkonsum unter Jugendlichen geht leicht zurück: Zwischen 2001 und 2012 ist der regelmäßige Alkoholkonsum unter Jugendlichen von 17,9 Prozent auf 13,6 Prozent gesunken. Als regelmäßig gilt der Alkoholkonsum dann, wenn er mindestens einmal pro Woche stattfindet.
  • Problematisches Rauschtrinken: Für gefährlich hält Mortler das Rauschtrinken unter jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) berichteten 31 Prozent der Männer und knapp elf Prozent der Frauen von mindestens einem Rauschkonsum pro Monat, dass heißt, sie haben sechs oder mehr alkoholische Getränke hintereinander konsumiert.

Tabak

  • Immer weniger Jugendliche rauchen: Bei den 12- bis 17-Jährigen ist der Anteil der Tabakkonsumenten von 27,5 Prozent im Jahr 2001 auf zwölf Prozent im Jahr 2012 zurückgegangen und hat sich damit mehr als halbiert. Auch in der Altersgruppe der 18- bis 25-Jährigen hat es einen Rückgang gegeben: Hier ist der Raucheranteil von 44,5 Prozent auf 35,2 Prozent gesunken.
  • Anteil der rauchenden Männer sinkt, kein Rückgang bei den Frauen: Insgesamt gibt es 14,7 Millionen Raucher in Deutschland. Mehr als ein Viertel (genau 25,7 Prozent) aller Bürger, die älter sind als 15 Jahre, gehören also zu den Tabakkonsumenten. Die Daten stammen noch aus den Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2009, neuere Ergebnisse werden erst Ende 2014 vorliegen. Während der Anteil der rauchenden Männer seit 1995 um fünf Prozentpunkte auf 30,5 Prozent gesunken ist, ist er bei den Frauen mit 21,2 Prozent nahezu unverändert geblieben. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, mit ihrer Präventionsarbeit den Anteil rauchender Kinder und Jugendlicher bis 2015 auf weniger als zwölf Prozent und den Anteil bei Erwachsenen auf weniger als 22 Prozent zu senken.
  • Etwa 25 Prozent starke Raucher: Etwa ein Viertel der Tabakkonsumenten raucht 20 oder mehr Zigaretten am Tag. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren, beträgt der Anteil 8,3 Prozent, wobei der Wert bei den Frauen mit sechs Prozent deutlich niedriger liegt als bei den Männern (10,6 Prozent). Der Anteil der starken Raucher ist in der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen am höchsten. Von den Frauen und Männern dieses Alters rauchen 8,5 Prozent beziehungsweise 16,8 Prozent stark.

Illegale Drogen

  • Kein Anstieg bei Konsum von illegalen Drogen: Erhebungen aus dem Jahr 2012 zufolge ist der Konsum von illegalen Drogen im Vergleich zur Erhebung aus dem Jahr 2009 stabil geblieben. Eine deutliche Mehrheit der erwachsenen deutschen Bevölkerung (74,1 Prozent) habe noch nie in ihrem Leben irgendeine illegale Droge probiert, wie es im von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Epidemiologischen Suchtservey heißt, der auf Daten aus dem Jahr 2012 basiert.
  • Cannabis-Konsum steigt leicht: Das am häufigsten genommene illegale Rauschgift in Deutschland ist Cannabis. Dessen Konsum war von 2001 bis 2012 ebenfalls deutlich rückläufig (von 9,2 Prozent auf 4,6 Prozent), ist aber im vergangenen Jahr auf 5,6 Prozent wieder leicht angestiegen.
  • Besorgniserregende Verbreitung von Crystal Meth: Bei den synthetischen Substanzen stellt die zunehmende Verbreitung von Methamphetamin, besser bekannt als Crystal Meth, ein Problem dar. Zahlen dazu hatten Mortler und der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, bereits im April präsentiert. Es wurden im vergangenen Jahr in Deutschland 77 Kilogramm Crystal Meth sichergestellt - so viel wie nie zuvor. Crystal stammt vorwiegend aus tschechischen Drogenküchen.
  • Viele unbekannte Substanzen im Umlauf: Zu riskantem Suchtverhalten zählt die Drogenbeauftagte auch den Konsum sogenannter neuer psychoaktiver Substanzen (NPS), deren Inhaltsstoffe oft unbekannt seien und deren gesundheitliche Gefahren von den Konsumenten deutlich unterschätzt werde. Diese als Spice oder Badesalz angebotenen Mittel haben eine ähnliche Wirkung wie Cannabis, sind aber zum Teil viel wirksamer.
  • Mehr Menschen sterben durch Drogenkonsum: Die Zahl der Drogentoten stieg im vergangenen Jahr erstmals seit vier Jahren wieder an. 2013 starben insgesamt 1002 Personen an ihrem Drogenkosum - das ist ein Anstieg von etwa sechs Prozent gegenüber 2012 (944 Personen).

Kritik an der Drogenpolitik der Bundesregierung

Suchtforscher und Mitarbeiter der Suchthilfe haben kurz vor der Veröffentlichung des Drogenberichts der Bundesregierung einen alternativen Drogen- und Suchtbericht veröffentlicht. In dem Bericht kritisieren sie den Kurs der Bundesregierung: Einerseits drohten Strafanzeigen für den Besitz von drei Hanfpflanzen zum Eigengebrauch, andererseits gebe es Alkoholwerbung, billigen Selbstdreh-Tabak und laschen Jugendschutz. Wirksame Ansätze gebe es bereits, nur würden diese oft nicht dauerhaft finanziert oder aus politischen Gründen nicht eingeführt, so die Autoren des Berichts.

Der Grünen-Drogenexperte Harald Terpe fordert, bei Crystal-Abhängigen, die freiwillig eine Therapie beginnen, auf eine Strafverfolgung zu verzichten. "Denn die Angst vor der Strafverfolgung und den mehrjährigen Haftstrafen verhindert, dass Abhängige frühzeitig zur Drogenberatung gehen."

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