E-Health:Gesundheits-Apps mit Tücken

Medizin-Apps sind gefragt. Genauso wie die Daten der Nutzer. Doch viele haben Zweifel, ob die Informationen geheim bleiben.

Von Helga Einecke, Frankfurt

Die Digitalisierung macht vor der Gesundheit nicht halt. Im Gegenteil, immer mehr Unternehmen drängen in den Healthtech-Markt, wie es heutzutage heißt. 100 Milliarden Dollar Umsatz erträumen sich die Firmen auf diesem Gebiet. Da geht es um die Überwachung vieler Daten im Körper, etwa vom Blutzucker oder Blutdruck. Das machen Krankenhäuser und Ärzte schon lange, nun soll das mithilfe kleiner Computer, Apps und der dazugehörigen Software jeder Kunde selbst können. Beispielsweise drängt der niederländische Konzern Philips in diesen Markt, der nach eigenen Angaben schon heute die Daten von 250 Millionen Patienten auf der ganzen Welt erfasst.

Wie aber steht es mit dem Datenschutz? Kein Problem, meinen die Manager von Philips, die gerade auf der Messe in Berlin ihre neuesten Gesundheit-Apps vorgestellt haben. Die privaten Nutzer könnten in jedem Fall selbst entscheiden, mit wem sie die Daten teilen wollen. Das klingt beruhigend. Aber kann sich der Kunde wirklich sicher sein, dass seine Gesundheitsdaten privat bleiben?

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff, warnt schon vor den scheinbar harmlosen Fitness-Apps der Krankenkassen. Sie rät allen Anwendern, nicht unbedacht mit ihren sensiblen Gesundheitsdaten umzugehen. Die Krankenkassen würden finanzielle Vorteile bieten, wenn die Kunden Herzfrequenz, Trainingszustand, Essverhalten oder die komplette Krankengeschichte übermitteln. Das müsse gegen langfristige Gefahren abgewogen werden. Immerhin seien die Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen vor unbedachter Preisgabe sensibler Daten geschützt, nicht jedoch die Versicherten privater Kassen.

Nicht nur die Kassen, auch Apotheken und Ärzte sind durch ihren Hippokrates-Eid und per Gesetz zum Schweigen verpflichtet. Aber die Apotheker und die Mediziner speichern schon lange Patientendaten in ihre Computer. Angeblich soll es einen schwunghaften Handel mit anonymisierten Datensätzen geben, meist gegen Geld und manchmal wohl auch im guten Glauben an den medizinischen Fortschritt. Wo sonst sollen die Grundlagen für die Marktforschung im Gesundheitswesen herkommen? Auch Pharmaunternehmen greifen auf Datenbanken zu, nutzen dieses Material zur Entwicklung neuer Medikamente. Nicht nur das, sie mischen auch zunehmend selbst mit, ja die Technologie dürfte künftig sogar Trumpf sein.

Das Darmstädter Unternehmen Merck jedenfalls sieht in der Software die neue Visitenkarte. E-Health nennt sich der neue Geschäftsbereich. Patienten bekommen zusätzlich zum Medikament ein elektronisches Gerät samt Software, das alle Daten aufzeichnet. Als Vorteil wird herausgestellt, dass der Arzt sicher sein könne, dass der Patient das Medikament auch nimmt. Generell verbesserten die Geräte das Zusammenspiel zwischen Ärzten, Unternehmen und Versicherungen. Merck will sich durch einen vertrauensvollen Umgang mit Daten profilieren. Alle Informationen würden verschlüsselt übertragen und gespeichert. Der Patient alleine entscheide, wem er welche Daten zur Verfügung stelle. Nicht einmal Merck habe Zugriff auf einzelne Werte. Anonymisiert und aggregiert soll alles zugehen.

Solche Versprechen geben die meisten Unternehmen im Kleingedruckten ihrer Geräte ab. Aber in der Illusion von Datensicherheit wiegen sich immer weniger Menschen, eher scheint der gläserne Patient mit seiner kompletten Krankengeschichte auf den Radar zu kommen. Medizin-Apps sind auf jeden Fall groß im Kommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: