Neurologie:Zahl der Demenzkranken könnte sich bis 2050 verdreifachen

Neurologie: Forscher haben berechnet, dass die Zahl der an einer Demenz erkrankten Menschen steigen könnte.

Forscher haben berechnet, dass die Zahl der an einer Demenz erkrankten Menschen steigen könnte.

(Foto: Simon Hofmann/Bongarts/Getty Images)

Eine Studie warnt vor einer weltweit rasanten Zunahme der Hirnkrankheit. Für Deutschland prognostizieren die Forscher einen etwas geringeres Wachstum der Fälle.

In den kommenden drei Jahrzehnten könnte sich die Zahl weltweiter Demenzfälle fast verdreifachen. Das ist das Ergebnis einer Studie in der Fachzeitschrift The Lancet Public Health. Ihr zufolge könnten 2050 etwa 153 Millionen Menschen mit Demenz leben - gegenüber 57 Millionen im Jahr 2019.

Zurückzuführen sei der Anstieg vor allem auf Wachstum und Alterung der Weltbevölkerung. Einen besonders hohen Anstieg der Krankheitszahlen erwarten die Wissenschaftler unter anderem in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, während Japan die geringsten Zuwachsraten verzeichnen könnte. Für Deutschland prognostizieren die Forscher einen Zuwachs von 65 Prozent, was unter dem westeuropäischen Durchschnitt liegen würde.

Schon im vergangenen Jahr hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor gewarnt, dass die Zahl der Demenzkranken in den kommenden zehn Jahren global rasant zunehmen könnte. Einer der Hauptgründe sei die steigende Lebenserwartung: Mit dem Alter erhöht sich das Risiko für sogenannte nichtübertragbare Krankheiten und damit auch für Demenz.

"Aus Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend."

Der Oberbegriff Demenz beschreibt das Symptombild einer ganzen Reihe von meist fortschreitenden Krankheiten, welche die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflussen - zu den häufigsten und bekanntesten gehört die Alzheimer-Demenz. Nach Angaben der WHO ist Demenz derzeit die siebthäufigste Todesursache weltweit und eine der Hauptursachen für Behinderungen und Pflegebedürftigkeit bei älteren Menschen.

Mit Blick auf die vier größten Demenz-Risikofaktoren - Rauchen, Fettleibigkeit, hoher Blutzucker und niedrige Bildung - sei es wichtiger denn je, Präventionsmaßnahmen zu verstärken, betont die Epidemiologin Emma Nichols vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der Universität Washington, die Hauptautorin der Studie.

Die Wissenschaftler räumen indes ein, dass ihre Analyse durch einen Mangel an qualitativ hochwertigen Daten aus einigen Teilen der Welt beeinträchtigt werde und nur vier Demenz-Risikofaktoren berücksichtigt sind. Darüber hinaus untersucht die Studie alle Arten von Demenz, ohne zwischen verschiedenen klinischen Subtypen zu unterscheiden - eine Kritik, die die beiden Public Health-Forscher Michaël Schwarzinger und Carole Dufouil vom Universitätskrankenhaus Bordeaux in einem Kommentar zu der Studie aufgreifen: Die zugrundeliegenden Mechanismen, welche eine Demenz verursachen, würden hier vereinfacht.

"Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist", schreiben sie. So würden in den "apokalyptischen Prognosen" ratsame Änderungen des Lebensstils nicht mit einkalkuliert. Umso wichtiger sei es, über jene Mittel zu informieren, welche diese verzögern oder vermeiden könnten.

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