Das Versprechen klingt fast zu gut: Jeder Todkranke soll künftig eine fachkundige Sterbebegleitung bekommen. "Alle Menschen in unserem Land sollen die Gewissheit haben, dass sie ihren letzten Lebensweg gut versorgt und begleitet gehen können", verkündete die Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU), bei der ersten Lesung des Palliativgesetzes. Etwa 200 Millionen Euro jährlich will der Bund für den flächendeckenden Ausbau ausgeben.
Das Versprechen ist so ambitioniert, dass viele nicht recht daran glauben. Die Linken-Abgeordnete Pia Zimmermann bemängelte, dass die geplanten Verbesserungen "nicht ausfinanziert" seien. Auch verschiedene Sozialverbände gehen davon aus, dass die Aufstockung auf künftig 600 Millionen Euro pro Jahr nicht reichen werde, um die derzeitigen Lücken zu stopfen. Denn bislang ist Sterben in Deutschland für viele Menschen eine einsame und qualvolle Angelegenheit. Deutlich mehr als eine halbe Million Menschen brauchen jährlich eine qualifizierte Sterbebegleitung, rechnet die Deutsche Stiftung Patientenschutz vor. Bislang reichen die Mittel aber nur für 90 000 von ihnen.
Schon jetzt gibt es einen Anspruch auf Palliativversorgung
Das Gesetz drohe zum "Papiertiger" zu werden, fürchtet daher die Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege. Jeder fünfte, der schon einmal einen sterbenden Angehörigen begleitet hat, bezeichnet die Versorgung als schlecht, ergab eine Umfrage des Zentrums. Dabei haben Kassenpatienten bereits jetzt einen Rechtsanspruch auf eine ambulante Palliativversorgung. Doch in der Praxis würden die Anträge von den Krankenkassen oft abgelehnt, gibt der Sozialverband VdK zu bedenken. Denn in vielen Regionen gibt es nicht genügend Personal, die den Kassen-Kriterien für eine fachkundige Versorgung der Sterbenden genügen. Woher soll das Personal künftig kommen?
Diese Frage stellt sich genauso für die Kliniken. Denn oft sehen sich überforderte Familien am Ende doch zu einem Schritt genötigt, den sie eigentlich vermeiden wollten: Sie bringen den kranken Angehörigen zum Sterben in ein Krankenhaus. Dass er dort aber eine umfangreiche Sterbebegleitung bekommt, ist eher unwahrscheinlich. Nur 15 Prozent der Krankenhäuser verfügen über Palliativstationen. In den anderen Häusern sind zwar möglicherweise die Ärzte palliativmedizinisch versiert, denn das Fach ist mittlerweile Pflichtbestandteil der Medizinerausbildung. In der Ausbildung der Schwestern und Pfleger ist die Sterbebegleitung dagegen kein Standard, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin. Hinzu kommt das Problem, dass schon für die Versorgung weniger kranker Patienten fast überall Pflegekräfte fehlen.
Grüne: Die Heime werden nicht ausreichend berücksichtigt
Noch trostloser ist die Lage in den Pflegeheimen. 340 000 Menschen sterben Schätzungen zufolge pro Jahr in einem Heim - oft ohne fachlichen Beistand. Doch gerade die Heime werden nicht ausreichend in dem Entwurf berücksichtigt, kritisiert die Grünen-Politikerin Elisabeth Scharfenberg. Eine gute Versorgung hingegen können Schwerstkranke schon heute in den Hospizen erwarten. Doch in diesen geschützten Einrichtungen sterben nach Angaben der Linksfraktion weniger als drei Prozent aller Menschen.
Ende April hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zum Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung verabschiedet. Es sieht ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, mit denen alle Bereiche der Sterbebegleitung ausgebaut werden sollen.