Mutationen von Sars-CoV-2:Angst vor dem Super-Virus

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Elektronenmikroskopische Aufnahme des Coronavirus. (Foto: Niaid-RML/via Reuters)

Zufällige Veränderungen im Erbgut der Coronaviren könnten sie immun machen gegen Impfstoffe. Davor warnt nun auch Kanzleramtschef Helge Braun. Droht eine neue Pandemie?

Von Hanno Charisius

Seit dem Start der weltweiten Impfkampagnen gegen das Coronavirus warnen Fachleute, wie gefährlich es sei, bei hohen Infektionszahlen mit Massenimpfungen zu beginnen. Dadurch wachse die Gefahr, dass sich Virusmutanten bilden, denen die Impfstoffe nichts anhaben können. Mit Verweis auf die zunehmende Mutationsgefahr sprach sich am Wochenende auch Kanzleramtschef Helge Braun für ein härteres Vorgehen gegen das Coronavirus aus. Würde eine Virus-Variante entstehen, die resistent gegen Impfstoffe ist, "stünden wir wieder mit leeren Händen da", sagte Braun der Bild am Sonntag. Dann bräuchte es neue Impfstoffe.

Grundsätzlich können solche Mutanten entstehen, das geschieht fortwährend. Die bisher bekannten Virus-Varianten neutralisieren nach derzeitigem Forschungsstand den Immunschutz durch die bestehenden Impfungen jedoch nicht vollkommen, sondern schwächen die Wirkung lediglich. Vor Tod und schweren Krankheitsverläufen sind geimpfte Menschen derzeit noch immer gut geschützt. Das kann sich ändern, wenn das Virus durch neue Mutationen neue Eigenschaften gewinnt.

Russischer Impfstoff, Wie funktioniert Sputnik V? (Video: Süddeutsche Zeitung)

Wer das Risiko für resistente Mutanten reduzieren möchte, senkt Fallzahlen und impft schnell

Mutationen entstehen zufällig. Manche machen den Erreger infektiöser, etwa die Variante namens B.1.1.7, die zuerst in England nachgewiesen wurde. Sie führt zudem zu schwereren Verläufen als das ursprüngliche Virus, der sogenannte Wildtyp. Es kann auch zu Mutationen kommen, die den Immunschutz durch Impfstoffe aushebeln. Wenn sich eine Virusvariante mit einer solchen Mutation gerade in einem Menschen vermehrt, der einen Impfstoff verabreicht bekommt, wird sie von der Impfung nicht beeinträchtigt und kann sich verbreiten - wenn denn Menschen in der Nähe sind, die sich nicht durch Masken, Abstand und andere Hygienemaßnahmen hinreichend schützen. Wer das Risiko für impfresistente Mutanten reduzieren möchte, bringt deshalb erst die Zahl der täglichen Neuinfektionen runter und impft dann die Bevölkerung in hohem Tempo - beides ist in Deutschland bislang nicht passiert.

Manche Mutationen sind für die Viren fatal, dann vermehren sie sich nicht mehr. Andere haben kaum einen Effekt. Und dann gibt es jene, die den Erregern Vorteile verschaffen im Spiel der Evolution. Helfen die Mutationen dem Virus, die durch eine frühere Sars-CoV-2-Infektion oder Impfung hervorgerufene Immunabwehr zu umgehen, zum Beispiel, weil die Abwehrzellen den Erreger wegen Veränderungen auf seiner Oberfläche nicht mehr erkennen, sprechen Fachleute von Escape Mutationen.

Eine solche Escape-Mutation trägt den Namen E484K. Sie wurde gegen Weihnachten sowohl in Südafrika als auch in Brasilien in den Virusvarianten B.1.351 und P.1 zuerst entdeckt. In beiden Ländern infizieren sich viele Menschen mit den Mutanten, die bereits zuvor eine Corona-Erkrankung durchgestanden hatten - ein Indiz dafür, dass die Mutanten der Immunabwehr entkommen. Aus Tirol wurden zuletzt mehr als 1oo Infektionen mit der infektiöseren B.1.1.7-Variante gemeldet, die zusätzlich die E484K-Mutation trägt. Labortests haben bereits gezeigt, dass Antikörper von geimpften Menschen gegen diese Mutanten nicht so wirksam sind wie gegen das Wildtyp-Virus.

Sollten tatsächlich Virusvarianten entstehen, die durch Mutationen resistent sind gegen die bislang zugelassenen Impfstoffe, so lassen sich diese zumindest schnell anpassen. Das Unternehmen Moderna testet bereits ein Vakzin, das gegen die Mutante B.1.351 wirken soll. Wenn alles klappt, kann ein bestehender Immunschutz durch vorhergehende Impfungen durch ein solches Vakzin-Update aufgefrischt werden.

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