Corona-Impfung:Unklarer Todesfall

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Bisher sind weltweit fast 30 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden. (Foto: Laci Perenyi via www.imago-images.de/imago images/Laci Perenyi)

In Miami ist ein Arzt gestorben, nachdem er gegen das Coronavirus geimpft wurde. Ob das eine Folge der Impfung war, ist unklar. Was bisher über den Fall bekannt ist.

Von Werner Bartens

Gregory Michael, ein 56-jähriger Frauenarzt aus Miami Beach, ist tot. Der Mediziner aus Florida erlag den Folgen einer Hirnblutung, wie seine Frau mitteilte. Ausgelöst wurde das tödliche Ereignis durch eine seltene Gerinnungsstörung, die Immun-Thrombozytopenie. Michael wurde am 18. Dezember mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer gegen das Coronovirus geimpft und starb 16 Tage später, wie jetzt bekannt wurde. Derzeit untersuchen Gesundheitsbehörden, ob der Todesfall in Zusammenhang mit der Impfung stehen könnte. Es wäre die erste tödliche Komplikation, nachdem jemand die neu entwickelten Vakzine erhalten hat.

Gregory Michael war im Mount Sinai Medical Center in Miami Beach geimpft worden. Nach Aussagen seiner Frau in sozialen Netzwerken bildeten sich bei ihm drei Tage nach der Impfung punktförmige Blutungen, sogenannte Petechien, an Händen und Füßen. Da er als Arzt wusste, dass dies ein ernstes Zeichen sein kann, begab sich Michael in die Notaufnahme, wo die Konzentration seiner Blutplättchen bestimmt wurde. Der Spiegel dieser auch als Thrombozyten bezeichneten Gerinnungszellen lag bei Null, sodass er auf die Intensivstation gebracht wurde, wo zwei Wochen lang vergeblich versucht wurde, seine Thrombozyten-Konzentration anzuheben.

Michael sei ein gesunder, sportlicher Nichtraucher ohne Erkrankungen gewesen, ein Familienmensch mit Hobby Hochseeangeln, erklärte seine Frau der New York Times. Zuvor habe er auf Medikamente oder Impfungen nie auffällig reagiert. Während der Pandemie habe er sich mit einer FFP2-Maske geschützt.

Niemand kann mit Gewissheit sagen, ob die Impfung die tödliche Autoimmunreaktion ausgelöst hat

Co-Hersteller Pfizer erklärt, den Fall gründlich untersuchen zu wollen. Bisher vermute man, dass "keine direkte Verbindung zur Impfung" bestehe. Weder in den klinischen Studien noch in der Phase der Anwendung seien vergleichbare Symptome aufgetreten. Bisher sind weltweit fast 30 Millionen Menschen gegen das Coronavirus geimpft worden, davon neun Millionen in den USA. In Nordamerika und Europa ist der Biontech/Pfizer-Impfstoff oder jener von Moderna verimpft worden. An schweren Nebenwirkungen sind bisher wenige Dutzend Fälle von anaphylaktischem Schock bekannt, keiner dieser heftigen allergischen Reaktionen sei tödlich verlaufen. Da die Krankheit sehr selten ist, kann bisher nicht gesagt werden, ob sie durch das Vakzin ausgelöst worden ist. Auf keinen Fall sollten angesichts von Millionen gut vertragener Impfungen diese wegen des tragischen Einzelfalls unterbrochen werden, fordern Experten.

Die Immun-Thrombozytopenie entsteht, wenn sich Antikörper gegen Blutplättchen bilden und diese zerstören oder ihre Lebensdauer verkürzen. Bekannt ist das seltene Phänomen nach Virusinfektionen oder als rare Nebenwirkung von Medikamenten. In der Folge kommt es bei manchen Menschen aus unbekannten Gründen zu einer Autoimmunreaktionen, die sich gegen die Thrombozyten richtet. Bei Kindern kommt dies bei einem von 20 000 Patienten pro Jahr vor. "Wir sehen das extrem selten nach Infekten der oberen Luftwege, meist heilt es bei Kindern von allein wieder", sagt Melchior Lauten, Leiter der Hämatologie-Onkologie an der Universitätskinderklinik Lübeck. "Wenn es Blutungen gibt, versuchen wir das Immunsystem mit Kortikoiden oder Immunglobulinen zu stabilisieren. Schwere Komplikationen sind zum Glück selten."

Nun wird spekuliert, ob die Impfung das Immunsystem so stimulieren kann, dass es zu derartigen Fehlreaktionen kommt. Ob der Tod von Gregory Michael in kausalem Zusammenhang mit der Impfung steht, müssen die weiteren Untersuchungen zeigen.

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