Karneval:Corona alaaf!

Karneval: Größer als geplant hatte sich der Kölner Rosenmontagsumzug entwickelt - weil er in eine "bunte, laute" Antikriegsdemo umgewidmet wurde.

Größer als geplant hatte sich der Kölner Rosenmontagsumzug entwickelt - weil er in eine "bunte, laute" Antikriegsdemo umgewidmet wurde.

(Foto: Jochen Tack/Imago)

Die Bilanz der närrischen Tage liegt vor: Nach dem Karneval sind die Infektionszahlen in Köln derzeit überdurchschnittlich hoch.

Von Alexander Menden, Köln

Ein normaler "Fasteloovend" war es auch in diesem Jahr nicht. Doch ein typisch Kölscher Kompromiss: Die Innenstadt war für die Karnevalstage zur sogenannten Brauchtumszone erklärt worden. Das Rathaus hatte die bis dahin gültige Maskenpflicht dort zur Weiberfastnacht am 24. Februar aufgehoben, also zum Endspurt der närrischen Saison.

Endlich wieder "Kölle alaaf"! Im Jahr 2020 hatte der Rosenmontagszug gerade noch in vollem Umfang stattgefunden, bevor die Corona-Pandemie das öffentliche Leben zum Erliegen brachte und eine Karnevalssitzung das rheinische Heinsberg zum ersten Covid-Hotspot Deutschlands machte. 2021 mussten die Jecken dann ganz auf Präsenzschunkeln verzichten.

Nun liegt die Bilanz der närrischen Tage vor: Die Zahl der Corona-Infektionen ist im Laufe der Woche nach Faschingsdienstag rapide gestiegen. Am Dienstag lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln nach Angaben des Robert-Koch-Instituts bei 2504,1. Bundesweit betrug sie 1293,6.

Ein Spitzenwert hatte sich bereits am vergangenen Sonntag in der Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen gezeigt: Hier erreichte die Sieben-Tage-Inzidenz erstaunliche 5024,3. Obwohl weder die Kommune noch das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium sich vollständig auf ein einzelnes Ereignis als Ursache für diese Explosion der Fallzahlen in der Millionenstadt festlegen, signalisieren doch alle Behörden, dass es so aussehe, als habe der Karneval zumindest eine bedeutende Rolle dabei gespielt.

Die Kölner Innenstadt war in den Tagen vor Rosenmontag nicht ganz so voll wie üblich. Aber immerhin feierten nach Angaben der Stadt in der Zülpicher Straße etwa 15 000 meist junge Menschen, etwa 10 000 hielten sich in der näheren Umgebung auf. Alle, die sich in der "Brauchtumszone" unter freiem Himmel amüsierten, sollten entweder vollständig geimpft und geboostert oder vollständig geimpft und frisch getestet sein. Kontrollieren konnte man das allerdings nur stichprobenartig.

Nicht nur die Sieben-Tage-Inzidenz in Köln ist derzeit etwa doppelt so hoch wie im Bundes- und im NRW-Durchschnitt, auch die prozentuale Belegung von Intensivbetten durch Corona-Patienten ist überdurchschnittlich hoch. Von den 317 Intensivbetten, die in Köln für Erwachsene zur Verfügung stehen, waren am Dienstag laut dem Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) 290 belegt. 49 der hier behandelten Patienten litten an Covid-19, also etwas mehr als 15 Prozent. Im NRW-Landesdurchschnitt sind es 8,2 Prozent.

Größer als geplant hatte sich der Kölner Rosenmontagsumzug entwickelt. Er sollte ursprünglich ersatzweise im Rhein-Energie-Stadion stattfinden, wurde nach Beginn der russischen Ukraine-Invasion aber in eine "bunte, laute" Antikriegsdemo in der Innenstadt umgewidmet. An ihr beteiligten sich etwa eine Viertelmillion meist verkleidete Menschen, die zwar nicht nur Clowns-, sondern auch medizinische Masken trugen. Doch auch hier wurde der Hygieneabstand kaum eingehalten. Inwieweit diese Veranstaltung zum Anstieg beigetragen hat, lässt sich nicht sagen, auch weil die Gesundheitsämter in ganz Deutschland die Rückverfolgung deutlich zurückgefahren haben.

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