Süddeutsche Zeitung

Höheres Risiko, geringere Wirkung:US-Behörde warnt vor Impfung mit Johnson & Johnson

In den USA wird jetzt empfohlen, das Vakzin des einheimischen Herstellers möglichst wenig einzusetzen. Ein Grund ist das Thromboserisiko. Was bedeutet das für die Impfkampagnen im Land und in Deutschland?

Von Berit Uhlmann

In den USA soll der Impfstoff des einheimischen Herstellers Johnson & Johnson künftig so etwas wie die letzte Wahl sein. In einer knappen Mitteilung empfahl die staatliche Gesundheitsbehörde CDC am Donnerstag, die anderen beiden zugelassenen Impfstoffe - das sind die Produkte von Pfizer und Moderna - vorzuziehen. Der Impfstoff steht aber weiterhin uneingeschränkt für jene zur Verfügung, die die beiden mRNA-Vakzine ablehnen. Denn, so hob es die Behörde hervor: Angesichts der aktuellen Lage sei jeder Impfstoff besser als gar keiner.

Mit dieser Empfehlung folgte die CDC dem einstimmigen Rat ihres Expertengremiums, das sich unter anderem auf die Gefahr spezieller Thrombosen berufen hatte. Diese TTS genannten Blutgerinnsel, die mit einem Abfall der Blutplättchen einhergehen, waren auch nach der Verabreichung des Astra-Zeneca-Impfstoffs registriert worden. Beides sind sogenannte Vektorimpfstoffe, die ein harmloses Virus verwenden, um Erbinformation des Coronavirus in menschliche Zellen zu schleusen.

Insgesamt wurden zwischen März und August 2021 in den USA 54 TTS-Fälle nach der Impfung mit dem Johnson-&-Johnson-Vakzin beobachtet. Frauen zwischen 30 und 49 Jahren waren am häufigsten betroffen. Sieben Frauen und zwei Männer starben. Gemessen an den mehr als 14 Millionen verabreichten Dosen ergibt dies ein Sterberisiko von lediglich 0,00006 Prozent. Andererseits stehen in den USA mit den mRNA-Impfstoffen genügend Alternativen zur Verfügung, die noch sicherer sind. Einen Einfluss auf die Entscheidung hatte zudem, dass die Wirksamkeit des Johnson-&-Johnson-Impfstoffs geringer ist als die der Konkurrenzprodukte. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) beziffert die Effektivität gegen Covid-19-Erkrankungen mit maximal 70 Prozent.

Auf die Impfkampagne im Land wie auch in Deutschland dürfte die US-Empfehlung wenig Auswirkungen haben. Sowohl in den USA als auch in der Bundesrepublik wird das Vakzin ohnehin nur noch selten eingesetzt. Hierzulande wurden bisher ungefähr 3,5 Millionen Dosen verimpft. Für das vierte Quartal 2021 waren mehr als 26 Millionen Dosen bestellt worden. Die Bundesregierung spendete sie komplett an ärmere Länder.

Auch die Stiko erwähnt das Thromboserisiko

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt schon länger, den Vektorimpfstoff des US-Herstellers lediglich bei Menschen ab 60 Jahren einzusetzen und beruft sich dabei ebenfalls auf das Thromboserisiko. Laut dem jüngsten Sicherheitsbericht des PEI wurden bis Ende September 20 TTS-Fälle nach der Impfung mit Johnson & Johnson festgestellt. Fünf Menschen starben. Damit liegt die Rate dieser Nebenwirkung unter der des Astra-Zeneca-Impfstoffs.

Der Impfstoff von Johnson & Johnson hat eine Zulassung, nach der eine Spritze für einen Impfschutz ausreicht. Mittlerweile empfiehlt die Stiko jedoch, den Schutz bereits vier Wochen nach dieser Einzeldosis mit einem mRNA-Impfstoff zu verbessern. Diese Woche verkündete die europäische Arzneimittelkommission EMA allerdings, dass sie auch eine Johnson-&-Johnson-Boosterdosis für möglich hält. Sie könne Erwachsenen frühestens zwei Monate nach der ersten Spritze verabreicht werden. Die EMA berief sich auf Daten, wonach der Booster die Menge der Antikörper gegen Sars-CoV-2 deutlich ansteigen lässt. Das Risiko von Blutgerinnseln oder anderen seltenen Nebenwirkungen nach der Auffrischungsimpfung könne derzeit nicht beziffert werden und müsste sorgsam beobachtet werden, hieß es. Ob die Stiko der Empfehlung folgt, ist noch offen.

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