Covid-19:Was nutzt die Corona-Warn-App?

Seibert zu Corona-Warn-App

Bislang haben fast 18 Millionen Menschen in Deutschland die Corona-Warn-App heruntergeladen. Nachdem die Nachfrage anfangs sehr groß war, wächst sie nun nur noch langsam.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Software galt als große Hoffnung im Kampf gegen die Pandemie. Doch wie viele positive Testergebnisse werden darüber tatsächlich gemeldet und viele Menschen gewarnt? Die Behörden sagen: Wir wissen es nicht.

Von Christina Kunkel

Sie soll eines der wichtigsten Werkzeuge sein zum Eindämmen der Pandemie: die Corona-Warn-App. Wenn sich alle wieder mehr bewegen, mehr Kontakte haben, weniger Abstand möglich ist, dann soll sie dabei helfen, Infektionsketten zu unterbrechen. Neben vieler technischer Baustellen war jedoch von Anfang an klar: Das kann nur funktionieren, wenn möglichst viele Menschen diese App auf ihrem Handy haben - und sie eben auch nutzen, um ihr positives Testergebnis dort einzutragen. Doch wie viele tun das wirklich? Und wie oft werden dadurch andere Menschen wegen einer riskanten Begegnung gewarnt?

Wer sich beim Robert-Koch-Institut (RKI) darüber informieren will, erfährt zunächst nur eine Zahl: 1320. So viele Tele-Tans seien ausgegeben worden seit dem 16. Juni - also in rund zwei Monaten. Diese Codes bekommt man, indem man nach einem positiven Corona-Bescheid bei einer Hotline anruft und sich dort verifiziert. Wie viele Menschen sich danach auch wirklich mit ihrer Tan in der App als infiziert gemeldet haben, weiß das RKI nach eigenen Angaben nicht. Angesichts von mehr als tausend Neuinfektionen, die aktuell allein an einem einzigen Tag gemeldet werden, erscheint diese Zahl doch sehr gering.

Konnte die App also die großen Hoffnungen nicht erfüllen? Die Antwort lautet aktuell: Man weiß es nicht. Denn neben diesen telefonischen Codes können App-Nutzer auch per QR-Code oder mit der Eingabe einer schriftlichen Tan ihr Testergebnis melden. Mittlerweile bieten laut der Telekom, die zusammen mit dem Softwarekonzern SAP die Warn-App entwickelt hat, 112 von 148 Laboren diesen Service an. Gibt es darüber vielleicht eine Annäherung an die tatsächlich über die App gemeldeten Infektionen? Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, 77 000 Testergebnisse seien bislang digital übermittelt worden. Wie viele waren davon positiv? Wie viele davon wurden dann auch in die Warn-App eingegeben? Das wisse man nicht.

Wegen der hohen Ansprüche an den Datenschutz weiß niemand, wie viele Menschen schon gewarnt wurden

Gerne wüsste man auch, wie viele Menschen denn bereits gewarnt worden sind, weil sie engen Kontakt mit einer später als infiziert gemeldeten Person hatten - und ob so tatsächlich Infektionsketten unterbrochen wurden. Auch dazu kann das RKI nach eigenen Angaben nichts sagen: "Wegen des datensparsamen, dezentralen Ansatzes der Corona-Warn-App können in der Tat keine Aussagen dazu getroffen werden, wie viele Menschen eine Benachrichtigung über eine Risikobegegnung erhalten haben", heißt es auf SZ-Anfrage. Auch eine Gesamtzahl der Risikobegegnungen gebe es nicht.

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Laut den Behörden führt die Konstruktion der deutschen Warn-App mit einem möglichst hohen Maß an Datenschutz dazu, dass kaum epidemiologische Erkenntnisse gewonnen werden können. Doch während die Macher der App behaupten, es sei keine Datenauswertung möglich, gibt es online ein Dashboard, auf dem ein Entwickler nach eigenen Angaben aus den öffentlich verfügbaren Daten, die der Corona-Warn-App-Server an die Endgeräte verteilt, genau diese Informationen zusammenstellt. Dort findet man unter anderem die Zahl der positiv Getesteten, die ihre Diagnoseschlüssel bislang über die App geteilt haben sollen (1417, Stand: 16.08.2020). Vom 5. August an lag demnach der Anteil dieser Personen nie über fünf Prozent der gesamten neuen Fälle am Tag. Allerdings weist der Ersteller des Dashboards darauf hin, dass auch seine Zahlen nur eine Schätzung seien.

Es werde "intensiv darüber diskutiert", wie man die App-Nutzer dazu motivieren könne, sich freiwillig an einer wissenschaftlichen Auswertung zu beteiligen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Sicher ist zumindest, dass die Zahl der Downloads zuletzt deutlich langsamer wuchs als in den ersten Wochen. 16,9 Millionen Menschen haben die Corona-Warn-Software laut RKI heruntergeladen. Wie viele davon sie auch dauerhaft aktiviert haben, lässt sich daran jedoch nicht ablesen.

Anmerkung: In einer früheren Version des Textes stand, es gebe keine Möglichkeit, die Zahl der Menschen zu erfassen, die ihre Testergebnisse über die App melden. Wir haben den Hinweis auf das Dashboard mit aufgenommen, das versucht, diesen Wert zu bestimmen.

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