Süddeutsche Zeitung

Coronavirus-Infektionen in China:Experten rechnen mit Höhepunkt Mitte Februar

  • Die Zahl der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus liegt mittlerweile bei mehr als 20 000, 425 Menschen sind bereits gestorben.
  • Chinesische Experten rechnen damit, dass die Zahl der Coronavirus-Infektionen noch bis Mitte Februar ansteigen wird.
  • Die ostchinesische Metropole Wenzhou hat praktisch eine Ausgangssperre für die neun Millionen Einwohner verhängt. Nur ein Familienmitglied darf alle zwei Tage zum Einkaufen das Haus verlassen.

Die Coronavirus-Epidemie wird ihren Höhepunkt nach Einschätzung chinesischer Experten in zehn bis 14 Tagen erreichen. Dafür müssten aber vorbeugende Maßnahmen verstärkt werden, sagte der Chef des nationalen Expertenteams im Kampf gegen das Coronavirus, Zhong Nanshan, nach Angaben chinesischer Staatsmedien vom Montag. In Wuhan, dem Ausgangsort der Epidemie in Zentralchina, wurde nach weniger als zwei Wochen Bauzeit ein erstes von zwei Notkrankenhäusern mit etwa 1000 Betten eröffnet. In Deutschland wurden am Montagabend eine elfte und zwölfte Infektion bekannt. Allen Patienten gehe es so weit gut, hieß es.

An der neuen Lungenkrankheit sind in Festlandchina mittlerweile mehr Menschen gestorben als an der Sars-Pandemie vor 17 Jahren. Die Gesundheitskommission in Peking meldete in der Nacht auf Dienstag erneut einen starken Anstieg der Infektions- und Todesfälle. Die Zahl der Toten in China erhöhte sich auf 425, die Zahl der bestätigten Infektionen in China kletterte auf mehr als 20 000.

Bei der Sars-Pandemie (Schweres Akutes Atemwegssyndrom) 2002/03 hatte es 349 Todesfälle in Festlandchina gegeben. Hinzu kamen 299 Tote in Hongkong, weltweit waren es 774 Tote. Beim aktuellen Coronavirus-Ausbruch gibt es mittlerweile zwei bestätigte Todesfälle außerhalb des chinesischen Festlandes - in Hongkong und auf den Philippinen.

In Deutschland gibt es zwölf Infizierte, allen geht es gesundheitlich gut

In Bayern wurden am Montag zwei weitere Infektionen bestätigt. Damit stieg die Zahl der Infizierten in dem Bundesland auf zehn und bundesweit auf zwölf Menschen. Es handelt sich um einen Mann und um ein zweites infiziertes Kind.

Den zwölf in Deutschland mit dem Coronavirus infizierten Menschen ging es am Montag so weit gut. Die Betroffenen aus Bayern - darunter der Vater und seine beiden Kinder - seien in "gesundheitlich stabilem Zustand", teilte das bayerische Gesundheitsministerium mit. Einige Infizierte hätten grippeähnliche Symptome gehabt, hieß es weiter.

Der Erreger war bei acht Mitarbeitern des Autozulieferers Webasto in Stockdorf bei München nachgewiesen worden. Zudem wurden zwei Kinder eines Erkrankten positiv auf die neue Lungenkrankheit getestet. Bei Webasto war zuvor eine infizierte Kollegin aus China zu Gast gewesen, die ihre Erkrankung erst auf dem Rückflug bemerkt hatte.

Außerdem war das Virus bei zwei Passagieren festgestellt worden, die am Wochenende mit einem Bundeswehrflugzeug aus Wuhan zurückgeholt wurden. "Sie sind beide symptomfrei, es sind gesunde Menschen", sagte der Leiter des Gesundheitsamts Frankfurt, René Gottschalk, am Montag. Allerdings müssten sie auf der Isolierstation bleiben, bis sie auch virenfrei seien.

Etwa 120 Passagiere des Fluges sind seit ihrer Rückkehr in einer Kaserne im pfälzischen Germersheim in Quarantäne. Sie sind nach Angaben von Landrat Fritz Brechtel weiterhin ohne Anzeichen für eine mögliche Erkrankung. Ein weiterer infizierter Deutscher war auf der Kanareninsel La Gomera registriert worden. Er soll Kontakt zu einem in Deutschland infizierten Patienten gehabt haben.

Auch andere Länder holen ihre Staatsbürger heim. In Frankreich traf am Sonntag ein zweiter Flieger mit 250 Rückkehrern aus Wuhan ein. In dem Land sind bisher sechs Virus-Fälle bestätigt. Außerhalb von China sind etwa 180 Infektionen in zwei Dutzend Ländern bestätigt.

Nach dem Einreisestopp der USA für Chinesen und andere Ausländer, die in China waren, zeigte sich US-Präsident Donald Trump zuversichtlich. "Wir verhinden ziemlich gut, dass es aus China kommt", sagte er dem Fernsehsender Fox News. US-Bürger, die in der stark betroffenen Region Wuhan oder der umliegenden Provinz Hubei waren, müssen für zwei Wochen in Quarantäne. In den USA waren bis Montag acht Fälle bestätigt.

China übte Kritik an der Reaktion der USA: Äußerungen Trumps, die USA hätten China "enorme Hilfe" angeboten, wies eine Außenamtssprecherin in Peking zurück. "Die US-Regierung hat uns keine bedeutende Hilfe zur Verfügung gestellt."

Chinas Börse mit Kurstürzen

Der Vatikan schickte "einige Hunderttausend" Mundschutzmasken an China, wie Papstsprecher Matteo Bruni erklärte. Die Aktion gehe vom Almosenverwalter des Vatikans, Kardinal Konrad Krajewski, sowie der Vatikanischen Apotheke (Farmacia Vaticana) und christlichen chinesischen Gemeinden in Italien aus.

China hat seinen Staatsbürgern von Reisen ins Ausland abgeraten und bekämpft die Ausbreitung im Land mit radikalen Maßnahmen. In der Krisenregion in Zentralchina sind 45 Millionen Menschen in mehreren Städten abgeschottet, die Verkehrsverbindungen wurden gekappt. Auch andere Städte in der Volksrepublik haben Überlandverbindungen mit Bussen ausgesetzt sowie Flüge und Züge reduziert.

Die Metropole Wenzhou - mehr als 800 Kilometer östlich von Wuhan - hat praktisch eine Ausgangssperre für die neun Millionen Einwohner verhängt. Jede Familie darf lediglich ein Mitglied auswählen, das alle zwei Tage zum Einkaufen rausgehen kann.

Die Furcht vor dem Coronavirus hat Chinas Aktienmärkten die größten Verluste seit Jahren beschert. Die Shanghaier Börse meldete am Montag einen Kursrutsch um 7,72 Prozent und verlor damit binnen eines Handelstages 2,8 Billionen Yuan an Wert, etwa 360 Milliarden Euro. Der zweite Aktienmarkt des Landes im südchinesischen Shenzhen brach um 8,45 Prozent ein, was einen Verlust von zwei Billionen Yuan (260 Milliarden Euro) bedeutete. Es war der erste Handelstag nach den - wegen der Lungenkrankheit - verlängerten Ferien zum chinesischen Neujahrsfest, die am 23. Januar begonnen hatten.

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