Bundesrat für Schockfotos:Aggressive Tugendwächterei

Schockbilder sollen künftig vor den Schäden des Rauchens warnen. (Foto: Jonas Güttler/dpa)

Nun hat auch der Bundesrat für gruselige Fotos auf Zigarettenschachteln gestimmt. Doch der Staat vergreift sich, wenn er seine Bürger der ästhetischen Dauerqual aussetzt.

Kommentar von Heribert Prantl

Es gibt ja den Satz, dass man das Übel mit Übel vertreiben müsse. Was der Staat aber jetzt anstellt, um den Rauchern das Rauchen auszutreiben, das ist nicht nur von Übel, es ist ekelhaft.

Der Staat zwingt die Zigarettenhersteller, ihre Zigaretten in Schachteln mit noch grässlicheren Schockmotiven als bisher zu verpacken. Der Staat zwingt Raucher und Nichtraucher, sich verfaulte Gliedmaßen, Geschwüre und Ekzeme anschauen zu müssen. Das ist ein Exzess.

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Der Staat greift zu Mitteln, die ihm nicht zustehen. Er benimmt sich wie ein Inquisitor, der dem Häretiker die Folterwerkzeuge vor Augen hält, um ihm zu zeigen, was ihn erwartet. Der Staat vergreift sich, wenn er seine Bürger der alltäglichen ästhetischen Dauerqual aussetzt. Gewiss: Der Staat kann wegen der Gesundheitsschädlichkeit des Rauchens die Werbung für den Tabak verbieten. Er kann hohe Steuern verlangen, um so das Ungesunde besonders teuer und damit abschreckend zu machen. Aber er kann nicht seine Bürger mit psychischen Torturen erziehen wollen, wie sie ansonsten vielleicht eine Hundeschule zur Anwendung bringt.

Das staatliche Ermessen bei Reglementierungen ist nicht uferlos. Es gilt das Übermaßverbot. Der Staat darf nicht mehr in die Freiheit eingreifen als unbedingt notwendig. Die aggressive Tugendwächterei ist nicht notwendig. Der Staatsschock ist unverhältnismäßig. Er überschreitet das Maß.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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