Brustkrebs-Risiko:Lukrative Genmutationen

Seit Angelina Jolie über ihr Brustkrebs-Risiko berichtete, wollen mehr Frauen ihre Gene auf die gefährlichen Mutationen testen lassen. So ungern man das ausspricht, die Risikoanalyse ist auch ein großes Geschäft. Künftig werden mehr Firmen daran verdienen - und die Preise sinken.

Von Kathrin Werner

Die Wartezimmer der Frauenärzte sind überfüllt, ihre Telefone stehen nicht mehr still. Seit Angelina Jolie vor ein paar Wochen von ihrer Brustoperation erzählt hat, wollen Frauen auf der ganzen Welt testen, ob auch sie die riskante Mutation der Brustkrebs-Gene BRCA1 und BRCA2 in sich tragen. In manchen Krankenhäusern in den USA dauert es inzwischen Monate, um überhaupt einen Termin für ein Vorgespräch zu bekommen. "Die Zahl der Sprechstunden wurde aufgestockt, die Brustkrebszentren sind voll", sagt auch Andrea Hahne von der deutschen Selbsthilfegruppe BRCA-Netzwerk.

Die Tests sind auch ein riesiges Geschäft. Und an dem hat bislang vor allem ein Unternehmen verdient: Myriad Genetics aus den Vereinigten Staaten. Die Biotech-Firma hatte sich die BRCA-Gene patentieren lassen und stellt einen Test für die Mutationen her. Deshalb durfte in den USA keine andere Firma die Brustkrebs-Gentests durchführen. Es war ein lukratives Monopol. Jetzt ist es gefallen: In der vergangenen Woche hat der Oberste Gerichtshof der USA entschieden, dass menschliche Gene nicht patentiert werden können - schließlich hat Myriad die Gene nicht erfunden, sondern nur aus dem menschlichen Körper isoliert.

Nun drängen etliche Unternehmen auf den Markt, die Myriad Konkurrenz machen wollen. Die kalifornische Firma Ambry Genetics will sofort mit den Tests beginnen. Quest Diagnostics will Ende des Jahres anfangen, BRCA-Tests zu verkaufen. Und die Firma Gene By Gene will den Test schon für 995 Dollar auf den Markt bringen. "Für die Diagnostik ist das sensationell", sagt Alfons Meindl, der Leiter der Tumorgenetik an der Frauenklinik der TU München. "Es gibt schon viele neue technische Verfahren, die recht weit entwickelt sind und jetzt endlich auf den Markt dürfen." 4000 Dollar kassiert Myriad für den umfangreichsten Test. Jetzt werde das deutlich billiger, sagt Meindl, und außerdem schneller und besser, weil mehrere Gene mit einem einzigen Test geprüft werden könnten.

In Deutschland ist die rechtliche Situation etwas anders als in den USA. Das Europäische Patentamt hatte Myriad keine Patente auf die Gene selbst zugesprochen, aber für bestimmte Mutationen. Theoretisch müssten Labore, die diese Mutationen finden, eine Lizenzgebühr zahlen. Myriad hat die Gebühr aber nie eingeklagt. Das Unternehmen hat eine Niederlassung in Martinsried bei München. In Europa hat die Firma wegen der anderen Patentrechtslage zwar schon Konkurrenz. "Das wird jetzt aber noch mehr werden", sagt Meindl, "denn über den anderen Firmen schwebte immer das Damoklesschwert der Patente."

In den USA hatten die hohen Kosten viele Frauen von den Tests abgeschreckt, weil die Krankenkassen diese - anders als in Deutschland - meist nicht übernehmen. Laut einer Studie von 2012 tragen 348.000 Amerikanerinnen eine der Mutationen in sich, gerade einmal 50.000 haben sich bisher testen lassen. Die Gentests können sinnvoll sein bei Frauen, in deren Familie es bereits Fälle von Brust- oder Eierstockkrebs gibt - so wie bei dem Hollywood-Star Angelina Jolie. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau mit den Mutationen an Krebs erkrankt, liegt bei bis zu 80 Prozent.

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