Pränataldiagnostik:Wissen und Bangen

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Mit einem einfachen Bluttest lassen sich bestimmte Trisomien erkennen. (Foto: Patrick Seeger/dpa)

Statt die Fortschritte der Pränataldiagnostik zu bekämpfen, sollte man werdenden Eltern lieber helfen, sich zwischen all den Möglichkeiten zurecht zu finden.

Kommentar von Vera Schroeder

Die meisten werdenden Eltern entscheiden sich für pränatale Diagnostik, um beruhigt zu sein: Herzlichen Glückwunsch. Alles unauffällig. Genießen Sie die Schwangerschaft! Am bekanntesten im Rahmen dieses Prozederes dürfte der Ultraschall zur Nackenfaltenmessung sein, kombiniert mit bestimmten Blutwerten auch als Ersttrimesterscreening bekannt. Seit 2012 gibt es außerdem einen einfachen Bluttest, mit dem sich bereits ab der zehnten Woche erhöhte Wahrscheinlichkeiten für die Trisomien 13, 18 und 21 erkennen lassen. Seit Juli nun übernimmt für diesen NIPT (nicht-invasiver Pränataltest) in bestimmten Fällen die Krankenkasse die Kosten. So weit, so gerecht, schließlich ist ein Test, der durch seinen Preis (170 bis 350 Euro) nur für bestimmte Menschen zugänglich war, in jedem Fall eine ungerechte Sache.

Nach einem auffälligen Ergebnis im Test ist im Leben der Eltern nichts mehr einfach

Komplizierter wird es, wenn die Beruhigung durch die pränatale Diagnostik ausbleibt. Von einem "auffälligen Ergebnis" ist dann oft die Rede. Ab diesem Moment ist leider gar nichts mehr einfach. Für die Eltern nicht. Für Ärzte und Ärztinnen nicht. Und auch für die Ebenen darüber nicht, für Behindertenverbände, Medizinethiker und eine Gesellschaft, die bei den Debatten, die es dazu zu führen gilt, nur schwer noch hinterherkommt. Zu viele Argumente muss man als vernünftig denkender Mensch nebeneinander stehend aushalten.

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Man kann dafür sein, dass jede Frau selbst entscheiden darf, ob sie ein Kind mit Behinderung bekommen möchte oder nicht - und es trotzdem schwierig finden, dass wegen der verbesserten Testmöglichkeiten immer weniger Menschen mit etwa Trisomie 21 im Alltag sichtbar sind. Man kann beklagen, dass die Ängste von Frauen in der Schwangerschaft durch die Möglichkeit, mehr zu wissen, insgesamt größer geworden sind. Und es gleichzeitig begrüßen, dass Tests Sicherheit geben können. Man kann darauf hinweisen, dass einem eh niemand voraussagen kann, wie das Leben mit Kindern so spielen wird. Und es trotzdem nachvollziehen, dass die allermeisten Menschen versuchen, ihrem Lebensplan möglichst dicht auf den Fersen zu bleiben und dafür permanent Risiken abwägen.

Statt in die Debatte, ob man pränatale Tests aufhalten kann, könnte man mehr Zeit in die Frage stecken, wie Menschen lernen oder was sie brauchen, um mit all diesen Möglichkeiten gut umzugehen. Und wie man eine Gesellschaft schafft, die unterschiedliche Wege aushält, ja, vielleicht sogar wertzuschätzen lernt.

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