Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Grundsatzurteil zur Lebend-Organspende hohe Anforderungen an die Aufklärung vor einer solchen Spende gestellt. Die "bewusst streng formulierten" Aufklärungsvorgaben dienten dem "Schutz des Spenders vor sich selbst", erklärte der BGH. Die Einhaltung der Vorgaben sei "unabdingbare Voraussetzung", wenn die Bereitschaft der Menschen zur Organspende langfristig gefördert werden solle. Mit der Entscheidung sind die Schadenersatzklagen von zwei Nierenspendern erfolgreich.
Die beiden Kläger forderten wegen ungenügender Aufklärung durch die Ärzte Schmerzensgeld und Schadenersatz. In einem Fall spendete eine Tochter ihrem Vater eine Niere, in dem anderen geht es um die Nierenspende eines Manns an seine Ehefrau. Beide beklagen, dass sie seither unter anderem an chronischer Erschöpfung leiden. Sie werfen den Ärzten vor, sie nicht ausreichend aufgeklärt zu haben. Ihre Klagen blieben bisher vor Gericht erfolglos.
Der Bundesgerichtshof hob aber nun im Revisionsverfahren die Vorentscheidungen auf und verwies beide Fälle zurück an das Oberlandesgericht Hamm, das nun den Schadensumfang feststellen muss. Die Klagen seien aufgrund der "festgestellten inhaltlichen Aufklärungsmängel" berechtigt, erklärte der BGH. Beide Spender seien nicht ordnungsgemäß über gesundheitliche Folgen der Organentnahme aufgeklärt worden.
Der BGH verwarf auch die Argumentation des Berufungsgerichts. Dieses hatte die Klagen der Betroffenen abgewiesen, weil davon auszugehen sei, dass die Kläger auch in Kenntnis sämtlicher Risiken gespendet hätten. So hatte einer der Kläger den Ärzten in einer E-Mail mangelnde Aufklärung vorgeworfen, jedoch betont, dass er sehr wahrscheinlich dennoch gespendet hätte. Das Berufungsgericht war daher von einer sogenannten hypothetischen Einwilligung ausgegangen. Der BGH entschied nun aber, die Grundsätze der hypothetischen Einwilligung ließen sich auf die Lebend-Organspende nicht übertragen.