Bewegung:Zehn Minuten tägliches Gehen verlängert das Leben

Faulheit kostet Lebenszeit. Wer sich nicht bewegt, erkrankt eher an Krebs und Herz-Kreislauf-Leiden. Dagegen verhelfen schon kleinere Aktivitäten zu mehr Lebensjahren, wie Forscher jetzt eindrücklich vorrechnen.

Christina Berndt

Treppe statt Fahrstuhl: Bewegung verlängert das Leben

Treppe statt Fahrstuhl: Bewegung in den Alltag zu integrieren ist einfach und gesund.

(Foto: dapd)

Bewegung ist gesund. Den Satz kennt jeder. Aber wie viel davon ist eigentlich wie gesund? Diese Frage hat Sportmedizinern jahrzehntelang den Schweiß auf die Stirn getrieben. Doch inzwischen können sie ziemlich konkrete Zahlen nennen: So gewinnen Menschen, die sich pro Woche 2,5 Stunden bewegen, wie dies üblicherweise empfohlen wird, gegenüber absoluten Bewegungsmuffeln im Durchschnitt 3,4 Lebensjahre hinzu. Und 7,5 Stunden pro Woche bringen sogar 4,5 Jahre. Das berichten Wissenschaftler vom US National Cancer Institute und der Harvard-Universität jetzt in der Fachzeitschrift Plos Medicine. Die Epidemiologen haben sechs Langzeitstudien mit insgesamt 650.000 Teilnehmern ausgewertet.

Doch die Forscher haben nicht nur gute Nachrichten für alle, die ohnehin gerne Sport treiben. Vielmehr hilft es der Gesundheit auch schon, wenn man sich wenigstens ein bisschen bewegt. Dabei ist das Wort "bewegen" in all seiner Zartheit gemeint.

Man muss nicht gleich mit dem Mountainbike durchs Gelände rasen oder die Hanteln im Fitnessstudio schwingen. Vielmehr verlängern über 40-Jährige ihr Leben bereits um etwa 1,8 Jahre, wenn sie täglich gut zehn Minuten lang flott gehen. Der Effekt ist bei Männern wie Frauen gleichermaßen zu verzeichnen. "Und er gilt nicht nur für normalgewichtige Menschen, sondern auch für solche, die übergewichtig oder fettleibig sind", sagt die Studienleiterin I-Min Lee aus Harvard. Mit der U-Bahn statt mit dem Auto zur Arbeit zu fahren - das wäre also eine Maßnahme gegen ein allzu frühes Ableben.

"Diese neueren Daten sind auch für weniger willensstarke Menschen eine gute Nachricht", sagt Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Essen. "Wer sich aufrafft, wird belohnt ."

Bewegung kann Alzheimer verzögern

Das ist auch das wichtige Fazit in den Augen des Sportmediziners Jürgen Steinacker von der Universitätsklinik Ulm: "Es gibt so viele Menschen, die 2,5 Stunden Sport pro Woche gar nicht leisten können. Aus Resignation treiben sie dann gar keinen Sport mehr."

Nun zeige die US-Studie im Einklang mit weiteren Arbeiten: "Einen Gesundheitsgewinn kann man relativ leicht erreichen." Denn schon ein bisschen Bewegung senke das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 40 Prozent und das Krebsrisiko um bis zu 50 Prozent. Auch trete die Alzheimer-Krankheit im Durchschnitt drei bis vier Jahre später auf. "Überall zeigt sich: Bewegung hilft!", sagt Steinacker. Nicht zuletzt steigere sie auch das Wohlbefinden, mache zufriedener, ausgeglichener und hebe die Stimmung.

Der Sportmediziner plädiert dafür, die Menschen zu mehr Bewegung im Alltag zu motivieren. "Activity Seeking ist das neue Schlagwort", sagt er. "Es geht darum, Aktivität zu suchen und nicht zu vermeiden." Dazu kann es gehören, statt der Rolltreppe die Treppe zu nehmen, oder mit dem Korb am Arm auf dem Markt einzukaufen, statt mit dem Auto zum Supermarkt zu fahren. Im Büro kann man sich vornehmen, die Toilette ein Stockwerk höher zu nutzen sowie den Drucker nicht neben jeden Schreibtisch, sondern an einen zentralen Ort zu stellen, sodass man häufiger zum Aufstehen gezwungen ist. "Der Sportverein kann dann die zweite Stufe sein", sagt Steinacker, "er muss es aber nicht

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