Betreuungsverfügung:Stellvertreter für heikle Lebenslagen

Koma, Demenz, schwere Behinderung: Bei solchen Schicksalschlägen ist nicht automatisch der Ehepartner der Bevollmächtigte des Erkrankten. Deshalb sollte vorgesorgt werden: Mit einer Betreuungsverfügung - zusätzlich zur Patientenverfügung.

Von Eva Dignös

Neben der Patientenverfügung gibt es weitere Möglichkeiten vorzusorgen. Experten empfehlen die Kombination mit einer Vorsorgevollmacht oder mit einer Betreuungsverfügung. Denn darin bestimmt man die Menschen, die stellvertretend handeln sollen, wenn man selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. Die zehn wichtigsten Fragen und Antworten.

Was steht in einer Betreuungsverfügung?

Wenn ein Mensch - nach einem Unfall beispielsweise oder durch eine fortschreitende Demenz - nicht mehr entscheidungs- und handlungsfähig ist und wenn er für diesen Fall auch keine Vollmachten erteilt hat, dann wird ihm vom örtlichen Amtsgericht ein Betreuer zur Seite gestellt. "Es ist nämlich nicht so, dass der Ehepartner oder die erwachsenen Kinder in solchen Fällen automatisch das Recht haben zu handeln", sagt die Rechtsanwältin Sonja Hecker, Geschäftsführerin der Deutschen Vereinigung für Vorsorge- und Betreuungsrecht (dvvb). In einer Betreuungsverfügung steht, welche Person man sich für diese Aufgabe wünscht. Ebenso lässt sich festlegen, wer auf gar keinen Fall die Betreuung übernehmen soll. Zudem kann der Betroffene Wünsche äußern, wie der Betreuer seine Aufgabe wahrnehmen soll, zum Beispiel hinsichtlich des Ortes der Betreuung oder der Art der Pflege. Wichtig ist, diese Wünsche so genau wie möglich darzulegen.

Wer braucht eine Betreuungsverfügung?

Nicht immer gibt es im Verwandten- oder Bekanntenkreis einen Menschen, dem man per Vollmacht Zugriff auf sein Vermögen gestatten möchte. In solchen Fällen bietet eine Betreuungsverfügung die Möglichkeit, trotzdem Einfluss darauf zu nehmen, wer sich um die persönlichen Angelegenheiten kümmert. Denn eine Betreuungsverfügung bedeutet keine Vollmacht - das Gericht kontrolliert, ob der Betreuer auch wirklich im Sinne des Betreuten handelt. Die Verfügung wird auch erst dann wirksam, wenn es tatsächlich notwendig ist.

Welche Informationen muss eine Betreuungsverfügung enthalten?

Es gibt keine Vorschriften, wie eine Betreuungsverfügung auszusehen hat. Sie kann handschriftlich abgefasst werden oder auf einem Formular, wie es beispielsweise das Bundesjustizministerium zum Download zur Verfügung stellt (hier). Einzige Bedingung: Der Verfasser ist volljährig und das Dokument ist mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift versehen. Enthalten sein sollten neben den eigenen Personalien der Name sowie die Kontaktdaten des gewünschten Betreuers, nach Möglichkeit auch einer Ersatzperson. Die Betreuungsverfügung muss nicht vom Notar beglaubigt werden, es ist aber sinnvoll, dass eine neutrale Person, beispielsweise der Hausarzt, als Zeuge bestätigt, dass der Verfasser im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war.

Und wenn es im persönlichen Umfeld niemanden gibt, der als Betreuer in Frage kommt?

Auch in einem solchen Fall kann eine Betreuungsverfügung Sinn machen. Sie dient dann dazu, die eigenen Wünsche im Zusammenhang mit einer vom Gericht gestellten Betreuung möglichst detailliert zu formulieren: Wie soll das Vermögen verwaltet werden? Darf es für die Pflege aufgebraucht werden? Möchte man zu Hause betreut werden oder in einem bestimmten Heim? Solche Wünsche können in jeder Betreuungsverfügung geäußert werden, also auch dann, wenn man einen Wunschbetreuer benennt.

Wann der Betreuer aktiv wird

Wer hilft beim Erstellen einer Betreuungsverfügung?

Bei Fragen rund um das Betreuungsrecht helfen die Betreuungsbehörden sowie die Betreuungsvereine weiter, die meist unter dem Dach der freien Wohlfahrtsverbände angesiedelt sind. Sie beraten, wenn eine Betreuung ansteht und bilden auch ehrenamtliche Betreuer aus. Eine Betreuungsverfügung kann natürlich auch vom Notar aufgesetzt werden. In der Praxis geschieht dies meistens im Zusammenhang mit einer Vorsorgevollmacht.

Wo bewahrt man die Betreuungsverfügung am besten auf?

Die beste Verfügung ist nutzlos, wenn sie niemand findet. Denn gültig ist sie nur im Original. Angehörige oder Freunde sollten also wissen, wo die entsprechenden Unterlagen liegen. Betreuungsverfügungen können außerdem beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (hier) gemeldet werden. Sie müssen dafür nicht von einem Notar aufgesetzt worden sein: Auch Privatpersonen können ihre Vorsorgedokumente eintragen lassen. Wenn der Betreuungsfall eintritt, recherchiert das Betreuungsgericht, ob ein Registereintrag vorliegt. Für die Registrierung fällt eine Gebühr an. So kostet beispielsweise die Eintragung einer postalisch eingereichten Betreuungsverfügung bei Zahlung per Überweisung einmalig 18,50 Euro.

Ist der vorgeschlagene Betreuer sofort berechtigt zu handeln?

Nein, er muss erst vom Betreuungsgericht eingesetzt werden. Für das Verfahren gibt man entweder selbst den Anstoß oder aber ein Familienangehöriger, Arzt oder Nachbar bemerkt, dass Hilfe bei der Bewältigung der persönlichen Angelegenheiten notwendig ist. Das Gericht holt ärztliche Gutachten über die Handlungsfähigkeit des Betroffenen ein und hört ihn zu der Frage an, ob er einen Wunschbetreuer hat. Geht das aufgrund von Krankheit nicht mehr, gelten die Festlegungen in der Betreuungsverfügung. Das Gericht ist allerdings nicht an den Vorschlag gebunden, sondern überprüft zunächst die Eignung der vorgeschlagenen Person. "Wenn es Streitigkeiten in der Familie gibt oder der vorgeschlagene Betreuer sehr weit weg wohnt, könnte er auch abgelehnt werden", erläutert Anwältin Sonja Hecker. In seiner Entscheidung legt das Gericht dann nicht nur den Betreuer fest, sondern auch, welche Aufgaben er im Namen des Betreuten erledigen darf.

Wie lange gilt eine Betreuungsverfügung?

Die Betreuungsverfügung erlischt mit dem Tod.

Wie kann eine Betreuungsverfügung widerrufen werden?

Eine Betreuungsverfügung kann jederzeit widerrufen werden - auch dann, wenn die Betreuung schon läuft. In der neuen Verfügung sollte dann ausdrücklich vermerkt sein, dass alle bisherigen Angaben ungültig sind. Wurde die Betreuungsverfügung im Zentralen Vorsorgeregister eingetragen, muss der Widerruf auch dort gemeldet werden.

Wer kontrolliert, ob der Betreuer sich an die Verfügung hält?

Das Betreuungsgericht überwacht, ob der Betreuer wirklich im Sinne des Betreuten handelt. Außerdem muss er sich weitreichendere Maßnahmen wie beispielsweise die Kündigung der Wohnung oder die Aufnahme eines Kredits genehmigen lassen. Das Gericht prüft auch in regelmäßigen Abständen, ob die Betreuung noch notwendig ist und ob die Kompetenzen, die dem Betreuer übertragen wurden, angepasst werden müssen.

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