Wissenschaftler haben bei einer Frau aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania einen Erreger nachgewiesen, der gegen das Reserveantibiotikum Colistin resistent ist. Der Fund bestärkt die Sorge, dass sich Antibiotikaresistenzen weltweit ausbreiten. Wie die Forscher im Fachmagazin Antimicrobial Agents and Chemotherapy berichten, wurde bei dem Bakterium das Resistenzgen mcr-1 gefunden, das bislang vor allem bei Nutztieren wie Schweinen oder Hühnern aufgetreten ist.
Ärzte haben die 49-Jährige bereits Ende April wegen einer Harnwegsinfektion in einer Klinik behandelt. Die Untersuchung zeigte, dass die Frau an E. coli-Bakterien erkrankt war, die 15 Resistenzgene tragen - unter anderem mcr-1. Eine Behandlung mit Colistin war daher nicht mehr möglich.
Die Resistenz verbreitet sich über ein sogenanntes Plasmid - einen kleinen DNA-Abschnitt - von Bakterium zu Bakterium. So ein horizontaler Gentransfer könnte die Übertragung von Resistenzen zwischen Tier und Mensch erleichtern, warnen Fachleute.
Forscher berichteten in einer Studie im Fachmagazin The Lancet Infectious Diseases schon im November 2015 über Colistin-Resistenzen beim Menschen, zum Beispiel in China. Dort sind auch immer mehr Nutztiere wie Hühner oder Mastputen mit einer Variante des Darmbakteriums E. coli besiedelt, die das gegen Colistin resistente Gen enthalten.
Letztes Mittel gegen schwere bakterielle Infektionen
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde das Gen mcr-1 auch in Deutschland nachgewiesen. Geflügelzüchter nutzen das Antibiotikum Colistin häufig zur Behandlung von Darmerkrankungen ihrer Tiere.
Obwohl Colistin auch in der Humanmedizin ein wichtiges Reserveantibiotikum ist, kommt es beim Menschen nur selten zum Einsatz. Die möglichen Nebenwirkungen des Medikaments sind erheblich. Dazu zählen Schäden an Nieren und Nervensystem. Indikation für eine Behandlung besteht nur dann, wenn andere, für den Menschen besser verträgliche Antibiotika nicht mehr wirken. In den vergangenen Jahren war der Einsatz von Colistin nur selten nötig. Allerdings wachse die Sorge, dass es als letztes Mittel gegen schwere bakterielle Infektionen nicht mehr wirke, sagt Martin Kaase von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. Die Bezeichnung "Superkeim", wie sie im aktuellen Fall in US-amerikanischen Medien auftaucht, hält der Mikrobiologe aber für falsch.
Hygieneregeln in der Küche würden helfen
Die Behandlung mit anderen Antibiotika sei bei dem konkreten Fall weiterhin möglich, weshalb die Frau die Infektion auch überlebt habe, sagt Kaase. Auffällig sei, dass sie sich offenbar vor ihrer Erkrankung nicht im Ausland aufgehalten und sich also innerhalb der USA infiziert habe. Wie genau, ist bislang unklar. Denkbar wäre ein Kontakt mit dem Erreger über rohes Fleisch. Deshalb raten Experten, strenge Hygieneregeln in der Küche einzuhalten, Fleisch stets gut zu erhitzen und nie roh zu essen.
Fachleute warnen seit Jahren vor sich ausbreitenden Resistenzen. Schuld sind aus Sicht vieler Mediziner ein unverhältnismäßig hoher Einsatz von Antibiotika in der Tiermast sowie zu hohe Verschreibungszahlen in Arztpraxen. In vielen Kliniken in Deutschland werden Patienten mit unklaren Infektionen immer häufiger isoliert, bis der genaue Erreger bestimmt ist. Die WHO verlangt, Antibiotika bei Menschen und Tieren gezielter und dosierter einzusetzen, um zu verhindern, dass sich Resistenzen ausbreiten.