Studie:Mehr Stadtbäume - das könnte die Zahl der Hitzetoten senken

Studie: Bäume können das Stadtklima verbessern. Sie sollten dazu gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt werden und nicht nur auf einer Fläche wie dem Central Park in New York stehen.

Bäume können das Stadtklima verbessern. Sie sollten dazu gleichmäßig über das Stadtgebiet verteilt werden und nicht nur auf einer Fläche wie dem Central Park in New York stehen.

(Foto: Timothy A. Clary/AFP)

Ein Forschungsteam hat eine Analyse von 93 europäischen Großstädten durchgeführt, darunter sieben deutsche Metropolen.

Mehr Bäume in Städten könnten im Sommer die Zahl der Hitzetoten deutlich reduzieren. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach Analyse von 93 europäischen Großstädten, darunter sieben deutsche Metropolen. Würde man die Bedeckung durch Baumkronen in den Städten von derzeit durchschnittlich knapp 15 Prozent auf 30 Prozent verdoppeln, würde die Temperatur dort im Sommer im Mittel um 0,4 Grad sinken. Das könnte die Zahl der hitzebedingten vorzeitigen Todesfälle um knapp 40 Prozent verringern, wie die im Fachblatt The Lancet vorgestellte Studie ergab.

Besonders profitieren würden demnach die Bewohner von Städten im Süden und Osten Europas, wo es im Sommer besonders heiß ist. Extreme Hitze beeinträchtige die Gesundheit und steigere die Sterblichkeit, schreibt das Team um Tamara Iungman vom Institut für Globale Gesundheit in Barcelona und verweist insbesondere auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gefährdet seien vor allem ältere Menschen und Kinder. Städte gelten als Hitzeinseln, da sie sich im Sommer stärker aufheizen und schlechter abkühlen als umliegende ländliche Areale.

Da die Hitzebelastung angesichts der Erderwärmung zunehmen wird, raten Experten seit Jahren, städtebaulich gegenzusteuern, unter anderem durch eine Ausdehnung der Baumkronenbedeckung auf 30 Prozent in den Wohnvierteln einer Stadt. Bäume spenden Schatten und auch Feuchtigkeit.

2015 gingen in den untersuchten Städten etwa 6700 Tode auf den Hitzeinsel-Effekt zurück

Um die Folgen dieser Maßnahme abzuschätzen, wertete das Team Daten aus 93 europäischen Städten aus, darunter Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Frankfurt und Leipzig. Für jede Stadt untersuchten die Forschenden von Juni bis August 2015 Temperaturen und Sterbedaten, zudem kalkulierten sie den Kühlungseffekt bei einer Ausdehnung der Baumbedeckung sowie die Folgen für die Mortalität.

Demnach waren die analysierten Städte im Sommer 2015 durchschnittlich 1,5 Grad wärmer als ihre Umgebung, wobei der Unterschied tagsüber wesentlich größer war als nachts. Am stärksten war der Hitzeinsel-Effekt in Cluj-Napoca, der zweitgrößten Stadt Rumäniens: Hier war es 4,1 Grad wärmer als in der ländlichen Umgebung.

Für den Sommer 2015 führt das Team etwa 6700 vorzeitige Todesfälle auf den Hitzeinsel-Effekt zurück - bei einer Gesamtpopulation von 58 Millionen Menschen ab 20 Jahren. 2644 davon, gut 40 Prozent, hätten sich demnach vermeiden lassen, würden Bäume auf 30 Prozent der Fläche das sommerliche Klima mildern. Auch dies ist ein Durchschnittswert: Für nördliche Regionen wie Schweden, das Baltikum oder Nordengland stellten die Forscher kaum eine Wirkung fest. In den Städten Süd- und Osteuropas, wo es im Sommer heißer ist und die tendenziell dichter bebaut sind, war die Wirkung dagegen umso ausgeprägter.

Für die deutschen Städte fand das Team mäßige Auswirkungen. Den Hitzeinsel-Effekt beziffert es für Hamburg - wo die Baumkronenbedeckung derzeit bei knapp 24 Prozent liegt - auf gut 0,8 Grad. In München mit einer Baumkronenbedeckung von gut 20 Prozent waren es dagegen gut 1,2 Grad. Es gehe dabei allerdings nicht nur um die absolute Baumfläche einer Stadt, sagt Studienleiter Mark Nieuwenhuijsen, sondern um eine gerechte Verteilung über alle Wohnviertel hinweg. "Wir ermutigen Städteplaner und Entscheidungsträger, eine an die lokale Umgebung angepasste grüne Infrastruktur umzusetzen und mit anderen Maßnahmen zu kombinieren, um den gesundheitlichen Nutzen zu maximieren."

Dazu zählen demnach die Nutzung anderer Oberflächenmaterialien wie etwa Granit statt Asphalt, eine geringere Gebäudedichte und die Begrünung von Dächern und Fassaden. Die Studie enthalte zwar Schwächen, schreiben Expertinnen in einem Begleitkommentar in The Lancet, die Resultate seien aber valide genug, um sie sofort bei der Stadtplanung umzusetzen. Zudem würden solche Analysen auch dringend für die großen Ballungsräume etwa in China und Indien oder in Afrika gebraucht.

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