Aphasie:Wenn die Wörter fehlen

Bruce Willis beendet aufgrund der Diagnose "Aphasie" seine Karriere. Die Sprachstörung äußert sich ganz unterschiedlich, oft kann sie behandelt werden.

Von Christoph von Eichhorn

Auf mehr als hundert Filme blickt Bruce Willis in seiner vier Jahrzehnte langen Karriere zurück, allein 2021 drehte er mehrere neue. Doch nun wird der Hollywoodstar seine Karriere beenden, wie aus einem Statement seiner Familie hervorgeht. Der Grund dafür heißt Aphasie.

Unter Aphasie versteht man eine erworbene Kommunikationsstörung, Betroffenen fällt es schwer, beim Sprechen die richtigen Wörter zu finden und vollständige Sätze zu bilden. Auch das Schreiben kann beeinträchtigt sein. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Krankheit, sondern um Symptome einer Schädigung des Gehirns. In den meisten Fällen wird eine Aphasie durch einen Schlaganfall verursacht, auch ein Gehirntumor, eine Demenz oder eine Kopfverletzung können Ursachen sein.

Aus der auf Instagram veröffentlichten Erklärung von Willis' Ex-Frau Demi Moore geht nicht hervor, worauf sich die Aphasie bei ihm zurückführen lässt. Das macht es schwer zu beurteilen, mit welchen sprachlichen Einschränkungen der Schauspieler zu kämpfen hat. Denn je nach Art der zugrundeliegenden Hirnschädigung äußert sich die Aphasie ganz unterschiedlich.

Schwindendes Vokabular, Fantasiewörter, Schachtelsätze

Bei der leichtesten Form, der "amnestischen Aphasie", haben Betroffene Schwierigkeiten, einzelne Dinge zu benennen, und weichen teilweise auf Wörter mit semantischer Nähe aus. Sie sagen dann beispielsweise Baum, wenn sie eigentlich eine Blume meinen. Personen mit einer "Broca-Aphasie" haben dagegen eher Schwierigkeiten bei der Bildung von Sätzen. Sie sprechen in kurzen, einfachen Satzstrukturen und lassen dabei häufig Artikel wie "der", "die", "das" oder Wörter wie "und" weg, vergleichbar mit der Sprache in Telegrammen. Ursache für eine Broca-Aphasie ist laut Forschern der Johns-Hopkins-University eine Schädigung des vorderen Teils des für die Sprachproduktion zuständigen Gehirnbereichs. Wer an einer "Wernicke-Aphasie" leidet, produziert oft sehr lange, verschachtelte Sätze, wobei sich einzelne Satzteile wiederholen oder Fantasiewörter eingefügt werden. In schweren Fällen ergibt das Ergebnis für Zuhörer keinen Sinn mehr, auch das Sprachverständnis der Betroffenen ist meist stark eingeschränkt. Hier ist die Ursache eine Schädigung des seitlichen Teils des Sprachzentrums. Am schwerwiegendsten ist die "globale Aphasie": Betroffene können nur noch einzelne Worte oder Redewendungen äußern oder verstehen. Der Inhalt von Kommunikation muss oft aus dem Kontext erschlossen werden.

Vor allem mildere Formen von Aphasie müssen keine lebenslange Diagnose sein. Das Gehirn ist ein erstaunlich flexibles Organ, eine Sprachtherapie kann helfen, die Kommunikationsfähigkeiten wiederherzustellen - wenn auch meist nicht vollständig. Zudem ist es wichtig zu wissen, dass das Denken selbst von einer Aphasie oft nicht beeinträchtigt wird. Betroffene haben häufig noch immer dieselbe Persönlichkeit, denken weiter messerscharf, erinnern sich an die gleichen Dinge wie zuvor. Es ist also denkbar, dass Bruce Willis weiterhin die Sprüche auf den Lippen liegen, für die er bekannt ist - nur dass er womöglich gerade Schwierigkeiten hat, sie zu äußern.

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