Woran erkennen Betroffene oder Angehörige eine beginnende Abhängigkeit?
In seinem Klinikalltag begegnen Andreas Heinz vor allem drei Anzeichen.
- Betroffene stellen wegen des Alkoholkonsums andere Aktivitäten ein. "Ein Patient sagte zu mir, dass er früher oft zum Skat-Spielen gefahren sei, was er aber jetzt nicht mehr könne. Als ich nachgefragt habe, hat er mir erklärt, er trinke jedes Mal zu viel, deshalb müsse er sein Auto stehen lassen und komme dann nicht mehr nach Hause. Deshalb geht er nicht mehr Kartenspielen."
- Betroffene greifen bei jedem Konflikt zum Alkohol. "Dass man mal trinkt, weil es einem nicht gut geht, kommt in unserer Gesellschaft häufig vor. Wenn das Trinken aber die Standardreaktion auf alle Probleme wird, ist das problematisch", so Andreas Heinz.
- Wenn die Trinkmenge zunimmt.
Wie kann man testen, ob man abhängig ist?
Es gibt einige Selbsttests, wie die vier einfachen "CAGE-Fragen". Wird mehr als eine der folgenden Frage bejaht, besteht der Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit.
- Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, Sie müssten Ihren Alkoholkonsum vermindern? (Cut down)
- Haben andere Personen Sie dadurch geärgert, dass diese Ihr Trinkverhalten kritisiert haben? (Annoyed)
- Haben Sie sich jemals schlecht oder schuldig wegen Ihres Trinkens gefühlt? (Guiltfeelings)
- Brauchen Sie morgens Alkohol, um erst richtig leistungsfähig zu werden? (Eye-opener)
"Die Fragebögen sind nicht schlecht, aber auch nicht wahnsinnig zuverlässig", sagt Andreas Heinz. Denn solchen Fragen können Betroffene leicht ausweichen. Der Mediziner empfiehlt zwei einfache Methoden: "Es reicht, wenn man einen Monat lang eine Strichliste führt und jeden Tag für jedes Glas Wein und Bier einen Strich macht. Viele unterschätzen ihren Konsum." Alternativ kann man auch auf den Alkohol verzichten und beobachten, wie es einem damit geht. "Viele reden sich ein, sie können den Alkohol jederzeit weglassen. Wenn sie es dann aber wirklich tun, geht es ihnen überhaupt nicht gut, sie kommen mit ihren Belastungen nicht mehr klar. Sie haben es sich angewöhnt, jeden Abend zu trinken, bis sie einigermaßen beschwipst ins Bett gehen. Das ist dann schon ein deutliches Signal, dass sie Hilfe brauchen", so Andreas Heinz.
Wie sollten Angehörige und Freunde von Trinkern reagieren?
"Pauschale Vorwürfe wie 'Du trinkst immer zu viel und zerstörst unsere Beziehung' helfen nicht weiter", sagt Heinz. Stattdessen sollte man konkret werden und zum Beispiel sagen: "Wir wollten XY machen, und das ging nicht, weil du zu viel getrunken hast." "So ist der andere nicht sofort in seinem ganzen Sein kritisiert, sondern erfährt Punkte, an denen er arbeiten kann. Wichtig ist, dass man als Partner oder Angehöriger seine Unterstützung anbietet. Wenn das nicht funktioniert, muss man sich eingestehen, dass professionelle Hilfe notwendig ist."
Wo findet man Hilfe?
Gute Ansprechpartner sind der Hausarzt, aber auch Nervenärzte und Psychiater. In vielen Städten gibt es Beratungsstellen, die zum Beispiel von der Caritas oder von anderen Sozialeinrichtungen betrieben werden. Auch Selbsthilfeorganisationen wie die Anonymen Alkoholiker, das Blaue Kreuz oder der Kreuzbund bieten Unterstützung. Auch für Angehörige von Suchtkranken gibt es Selbsthilfegruppen, zum Beispiel die Al-Anon-Familiengruppen oder die Alateen-Gruppen, die sich an jugendliche Angehörige richten. Für Mütter und Väter von suchtgefährdeten Jugendlichen gibt es spezielle Elternkreise.