Ebola:Helfer in Gefahr

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Unsichtbare Bedrohung: Spezialteams haben das Wohnhaus der an Ebola erkrankten Krankenpflegerin in Dallas desinfiziert - inklusive Vorgarten. (Foto: Larry Smith/dpa)

In den USA und in Spanien haben sich Pflegekräfte bei Ebola-Patienten angesteckt. Wie konnte das trotz hochtechnisierter Ausrüstung passieren? Die Fälle zeigen, wie wichtig die Ausbildung der Helfer ist.

Von Hanno Charisius

Die Nachrichten vom Wochenende waren alarmierend. Erstmals hatte sich eine Krankenpflegerin in den USA bei einem Patienten mit dem gefährlichen Ebola-Virus infiziert. Da wollte die Bundesregierung offenkundig beruhigen. Am Montag jedenfalls ließ sie selbstbewusst erklären, dass derartige Fälle in Deutschland ausgeschlossen seien. Woher sie diese Sicherheit bezieht, indes ist unklar. Zwar verweist die Regierung auf die sieben spezialisierten Behandlungszentren in Deutschland für hochinfektiöse Patienten, doch auch die Klinikmitarbeiterin in Dallas steckte sich trotz Schutzmaßnahmen auf einer solchen Isolierstation an.

Die Sicherheitsprotokolle in Deutschland mögen noch so ausgefeilt sein, den Schutz der Menschen können sie nicht garantieren, die sich um die Infizierten kümmern. Wenn sich sogar besonders geschultes Personal in perfekt eingerichteten Krankenhäusern mit dem Erreger infizieren kann, dann zeigt das einerseits, wie gefährlich die Arbeit der Ärzte und Helfer in den Ländern Westafrikas ist. Andererseits machen die beiden Fälle in Madrid und Dallas klar, wie wichtig das Training der Pflegekräfte selbst in den Spezialkliniken der Industrieländer ist.

"Das Ausziehen ist die kritischste Situation"

Der Fall aus Dallas ist bisher die zweite Übertragung des Erregers von einem Patienten auf eine Pflegekraft außerhalb Westafrikas. Anfang vergangener Woche war bekannt geworden, dass sich eine Krankenschwester in Madrid bei einem Ebola-Patienten angesteckt hatte. Auch sie hatte einen Schutzanzug getragen, während sie bei dem Missionar im Zimmer war, der aus Sierra Leone nach Spanien geflogen worden war. Im Moment vermuten die Ärzte in Madrid, dass sie sich beim Ausziehen ihrer Schutzkleidung mit einem kontaminierten Handschuh im Gesicht berührt haben könnte.

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Es begann mit einem kranken Kleinkind in Dezember. Mittlerweile sind fast 7500 Patienten in mehreren Ländern infiziert.

"Das Ausziehen ist die kritischste Situation, das ist bekannt und wird intensiv trainiert", sagt Gerd Fätkenheuer, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie. Jeder Handgriff müsse in exakt der richtigen Reihenfolge eingehalten werden, erklärt der Bonner Virologe Christian Drosten. Besonders beim Entfernen von Mundschutz und Brille sei höchste Konzentration gefordert. Ohnehin sei es sehr schwierig, unter dem immensen Stress eines Ebola-Falls das Prozedere korrekt zu befolgen.

Auch die amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC hält es für möglich, dass sich die Pflegerin in Dallas angesteckt hat, als sie ihre verschmutzte Schutzkleidung auszog. Die sichere medizinische Versorgung von Ebola-Patienten sei möglich, aber sehr schwierig, sagt CDC-Direktor Tom Frieden. Er will weitere solcher Fälle in den USA keineswegs ausschließen. Es wäre vermessen zu glauben, eine solche Übertragung wäre in einer deutschen Klinik ausgeschlossen.

Vor allem muss die Ausstattung stimmen. In Spanien beispielsweise beklagte sich ein Arzt über unzulängliches Material. Die Ärmel seines Kittels seien zu kurz gewesen. Kollegen der erkrankten spanischen Pflegerin fordern von ihrem Arbeitgeber eine bessere Ausbildung im Umgang mit der Schutzkleidung.

Sind die Notaufnahmen und niedergelassenen Ärzte ausreichend vorbereitet?

Noch gefährlicher als die Behandlung eines Patienten ist der Kontakt mit Menschen, bei denen noch nicht klar ist, dass sie an Ebola erkrankt sind. Für den Erstkontakt mit verdächtigen Patienten beim Arzt oder in der Notaufnahme eine Krankenhauses hat das Robert-Koch-Institut in Berlin deshalb einen detaillierten Leitfaden herausgegeben. Erscheint ein Patient mit hohem Fieber oder auch nur erhöhter Temperatur, begleitet von Ebola-typischen Begleitsymptomen wie Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und Blutungen, sollte das medizinische Personal bis zur endgültigen Abklärung äußerst vorsichtig sein.

Das bedeutet, dass Ärzte und Pfleger einen Abstand von mindestens einem Meter halten sollten oder für weitergehende Untersuchungen vorsorglich Schutzausrüstung anlegen. Dazu zählen nicht nur Handschuhe und Schutzkittel, sondern auch Atemschutzfilter und Brille. Danach sollen die Helfer einen Fragenkatalog abarbeiten, der unter anderem prüft, ob der Patient in den letzten 21 Tagen in einem Land war, in dem das Ebola-Virus aktiv ist, oder ob Kontakt bestand zu Infizierten.

Der Infektiologe Gerd Fätkenheuer hält diese Anleitung zur Erkennung von Verdachtsfällen für ausreichend, um das Pflegepersonal zu schützen - wenn sie denn von allen eingehalten wird. "In größeren Kliniken wird das Personal konkret auf den Fall vorbereitet, dass ein noch nicht diagnostizierter Ebola-Patient in die Notaufnahme kommen könnte", sagt Fätkenheuer. Er wisse allerdings nicht, ob auch kleinere Häuser oder gar niedergelassene Ärzte ausreichend vorbereitet seien.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe warnte am Montag vor Panikmache. Er kündigte allerdings auch an, dass die Gesundheitsminister der EU-Länder am kommenden Donnerstag bei einem Treffen darüber beraten wollten, wie die Ansteckungsgefahr bei der Behandlung von Ebola-Patienten noch besser in den Griff zu bekommen sei.

© SZ vom 14.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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