Anschlag auf BVB-Bus:So läuft die Behandlung von Handverletzungen ab

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Röntgenbild eines Handgelenks.

(Foto: Kästle/dpa)

Der Bruch der Speiche im Arm ist eine der häufigsten Verletzungen in Deutschland. Knifflig aber sind Einsprengungen durch Splitter in der Haut, die BVB-Profi Marc Bartra erlitt.

Von Felix Hütten

Es hätte deutlich schlimmer enden können. Drei Sprengladungen sind am gestrigen Abend neben dem Mannschaftsbus von Dortmund explodiert, der BVB-Abwehrspieler Marc Bartra und ein Motorradpolizist wurden verletzt. Wären die Spieler oder Polizisten noch näher an den Bomben gestanden, wären die Verletzungen deutlich schwerer ausgefallen. Also: Glück gehabt, keine komplexe Medizin, dafür gesunde Profis. So kann man den gestrigen Abend aus medizinischer Sicht zusammenfassen.

Bartra wurde noch in der Nacht operiert, Speichenbruch und Fremdkörper-Einsprengungen an der rechten Hand, heißt es aus BVB-Kreisen. Bleibt es bei dieser Diagnose, bleibt es auch beim Schwein gehabt. Zunächst zur Speiche: Der Unterarm des Menschen wird von zwei Knochen getragen, Elle und Speiche, die beide am Handgelenk aufsetzen. Es ist unwahrscheinlich, dass Bartras Speiche durch die Druckwelle gebrochen ist - in diesem Fall wären noch weitere Knochen und Weichteile des Spielers zu Schaden gekommen. Viel wahrscheinlicher ist es, dass sich Bartra beim Sturz zu Boden an der Speiche verletzte. Die Sportler sollen sich unter den Sitzen versteckt haben.

Wer unglücklich auf der Hand landet, bricht sich schon mal die Speiche

Dabei ist die distale Radiusfraktur, wie ein Speichenbruch in der Fachsprache heißt, eine der häufigsten Verletzungen des Menschen, meist durch unkontrollierte Stürze verursacht. Mehr als 200 000 Fälle werden jedes Jahr in deutschen Krankenhäusern versorgt. Für eine Großstadt wie München bedeutet das zehn bis 15 Brüche täglich. Fahrradfahrer, ältere Menschen, junge Kicker: Wer unglücklich auf der Hand landet, bricht sich schon mal die Speiche. Auch andere, ähnliche Verletzungen sind bei Bartra denkbar. Bekannt ist zum Beispiel die Radiusköpfchenverletzung am oberen Ende der Speiche, meist in Folge eines Sturzes auf den ausgestreckten Arm.

Jetzt zu den Einsprengungen. Explodiert eine Bombe, entsteht eine massive Druckwelle, die Scheiben zu Bruch gehen lässt, Glassplitter, Dreck und auch kleine Steinchen werden umhergeschleudert. Wie Schrot schießen diese Geschosse in Haut und Organe eines Menschen. Klassisches Verletzungsmuster sind daher keine klaren Hautschnitte, sondern meist zerfetztes und zerstückeltes Gewebe, also kleine, aber oft tiefe Wunden. Für Unfallchirurgen sind diese Wunden die weitaus kniffligere Aufgabe, es besteht höchste Infektionsgefahr.

Erster und wichtigster Schritt der Behandlung sei daher die sterile Wundversorgung, sagt Georg Gradl, Chef der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum München. Idealerweise werden die Wunden des Patienten bereits am Unfallort steril verbunden. Im OP entfernen Ärzte den Verband unter sterilen Bedingungen, je nach Schwere der Verletzungen liegt der Patient bereits in Narkose. Besonders bei tiefen Einsprengungen sei eine Narkose wichtig, sagt Gradl, da die Wundreinigung für den Patient sonst äußerst schmerzhaft wird. Eine solche Wundreinigung muss mehrmals wiederholt werden, sollten nach der ersten Operation weitere Fremdkörper im Gewebe zurückbleiben.

Die Versorgung eines Speichenbruchs wiederum unterscheidet sich je nach Schweregrad der Verletzung. Bei einer offenen Fraktur, also dann, wenn der Knochen die Haut durchspießt, wird der Bruch in der Regel mit einem sogenannten externen Fixateur stabilisiert - ein Drahtgestell, das von außen in den Knochen gebohrt wird. Ist der Knochenbruch geschlossen und die Verletzung weniger komplex, kommt meist eine Metallplatte zum Einsatz, die unter der Haut die beiden Bruchstücke verbindet. In beiden Fällen dauert es etwa sechs Wochen, bis der Bruch verheilt ist.

Dass Marc Bartra schon bald wieder spielen kann, ist daher unwahrscheinlich. Mit Drahtgestell oder Metallplatte im Arm kickt es sich nun mal schwer. Aber: Eine distale Radiusfraktur ist kein Beinbruch. Kleiner Medizinerwitz, ist aber so.

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