Allergie:Krank durch die Klimaanlage?

External air conditioners are seen fitted to the exterior of a building in central Belgrade

Klimananlagen haben nicht den besten Ruf. Doch es kommt auf die Wartung an.

(Foto: REUTERS)

Büroangestellte machen gerne die Klimaanlage für diverse Beschwerden verantwortlich. Tatsächlich können die Geräte Probleme bereiten. Häufiger aber leiden die Mitarbeiter nicht unter dem Raum-, sondern dem Arbeitsklima.

Von Felicitas Witte

Wochenlang Temperaturen weit jenseits der 30 Grad, selbst nachts kühlte es kaum ab. Warum es also nicht so wie die Südländer machen und sich eine Klimaanlage für zu Hause kaufen? Doch dann erinnert man sich an die Klagen des Kollegen, er habe ständig Kopfschmerzen, seit er im neuen Büro mit Klimaanlage arbeiten müsse. Und die Freundin fängt an zu hüsteln, sobald sie einen klimatisierten Raum betritt. "Klimaanlagen können krank machen", sagt Dennis Nowak, Chef-Umweltmediziner an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Aber für gesunde Menschen sind sie kein Problem, wenn die Anlagen regelmäßig gewartet werden."

In Nowaks Ambulanz kommen immer wieder Menschen, die meinen, von der Klimaanlage krank geworden zu sein - so wie der junge Mann neulich. Er hustete ständig im Büro, wurde von Niesattacken geschüttelt und seine Augen waren rot und geschwollen. "Er war fest davon überzeugt, das komme von der Klimaanlage", erzählt Nowak. Mit Haut- und Bluttests stellte er aber fest, dass der Mann unter einer Allergie gegen die Ficus-Pflanze in seinem Büro litt.

Ein 45-jähriger Patient führte seinen Husten und die laufende Nase auch auf die Klimaanlage zurück. Hier ergaben die Tests eine Allergie auf Schimmelpilze. "Meistens enthält klimatisierte Luft weniger Allergie auslösende Stoffe als Frischluft", sagt Nowak. "Wird eine Klimaanlage aber nicht regelmäßig gereinigt, kann sie die Stoffe in die Luft blasen - in diesem Falle Schimmelpilzsporen." Auf die reagieren manche wie der Mann allergisch. Selten kann es auch zu einer Allergie mit Entzündung der Lungenbläschen kommen, was sich durch Husten und Fieber äußert.

Bei vielen seiner Patienten findet Nowak jedoch keine Allergie. Die Betroffenen klagen über Husten, juckende Augen, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und noch vieles mehr - und alles tritt nur in dem Raum mit Klimaanlage auf. Umweltmediziner nennen dies Sick-Building-Syndrom (SBS).

"Für die Symptome haben wir mehrere Erklärungsmodelle", sagt Mark Mendell, Umwelt-Epidemiologe am Kalifornischen Institut für öffentliche Gesundheit (CDPH). "In schlecht gewarteten Klimaanlagen scheinen Mikroorganismen zu sein, die bei manchen Menschen eine Allergie oder eine minimale Entzündung der Atemwege hervorrufen", erklärt Mendell. "Wir haben aber auch Hinweise, dass sogar in gut gewarteten Anlagen Keime in den Kühlspiralen wachsen, die fast kaum nachweisbar sind, aber trotzdem Symptome verursachen." Auch zu niedrige Temperaturen, zu wenig Luftaustausch, Schadstoffe in der Luft oder kleinste Staubpartikel werden als Ursache diskutiert.

Die Luft in klimatisierten Büros ist oft besser - trotzdem leiden die Angestellten

Die deutschlandweite ProKlimA-Studie fand mit Messungen in 14 großen Bürogebäuden und Untersuchungen von 4596 Beschäftigten heraus, dass Menschen in klimatisierten Büros häufiger über SBS-Beschwerden klagen als in Büros mit Frischluft. "Interessant war, dass die Luft in klimatisierten Räumen nach objektiven Kriterien aber meist besser war", erzählt Nowak. Die Belastung der Luft mit Schadstoffen oder der Befall mit Mikroorganismen war nur in Einzelfällen eine mögliche Ursache für die SBS-Beschwerden.

"Ziemlich häufig können wir aber wirklich gar nichts messen, und die Leute haben trotzdem Symptome", erzählt Nowak. "Das darf man dann aber nicht als psychische Probleme abtun." Oft hängen die Beschwerden mit dem Arbeitsklima zusammen: "Die Leute wurden gegen ihren Willen in ein Großraumbüro mit Klimaanlage versetzt, wo sie das Fenster nicht mehr aufmachen können, wann sie wollen, die Temperatur nicht mehr kontrollieren können und keine Privatsphäre mehr haben - das löst bei einigen körperliche Beschwerden aus."

Probleme und Unzufriedenheit im Job würden oft auf die klimatisierte Luft projiziert, bestätigt Armin Schuster vom Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene an der Uniklinik in Freiburg. "Die Klimaanlage ist der Sündenbock und wird oft pauschal verdächtigt, ungesund zu sein. Das ist aber nicht gerechtfertigt, wenn die Anlagen technisch einwandfrei sind." Beschwerden und Unwohlsein würden eher durch zu viel Hitze als durch klimatisierte Luft verursacht werden, so Schuster.

Zu Problemen könne es allerdings bei alten oder nicht gewarteten Anlagen kommen. So wuchsen die Schimmelpilze bei Nowaks 45-jährigem Patienten in einer verschmutzten Anlage. Bei einem anderen Patienten lösten die Schimmelpilze eine heftige allergische Lungenentzündung mit Kreislaufzusammenbruch aus. In einem anderen Fall befand sich der Ansaugstutzen der Klimaanlage im Parkhaus neben dem Büro, sodass immer Benzingeruch ins Büro geblasen wurde.

"Klimaanlagen haben aber auch Vorteile", sagt Mark Mendell. "Sie können Schadstoffe aus der Umwelt abhalten, etwa Abgase oder Allergie auslösende Pollen." Umweltmediziner Nowak hört selten Klagen von Patienten, die sich eine Klimaanlage für zu Hause gekauft haben. "Zum SBS kommt es vermutlich nicht. Denn zu Hause hat man die Autonomie über das Klima."

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